Die Kraftübertragung in Laucherthal-Sigmaringen. 327
Die Kraftübertragung Laucherthal- Sigmaringen. —
Wenn bei Kraftübertragungen auf grosse Entfernungen das Wechsel-
stromsystem vorzuziehen ist, so wendet man bei kleinen Entfernungen
und nicht zu grossen Leistungen noch mit Vortheil das Gleichstrom-
system an. Ein Beispiel hierfür ist die Kraftübertragung von Laucher-
thal nach Sigmaringen!), die von der Elektrieitäts-Aktiengesell-
schaft, vormals Schuckert & Co., Nürnberg, eingerichtet worden
ist. Auf der primären Station, wo eine Wasserkraft ausgenutzt wird,
treibt eine Turbine mittels Riemenübertragung zwei Hauptschluss-
maschinen an, die bei 460 Umdrehungen in der Minute je 61 A bei
1100 V erzeugen. Die Fernleitung ist nach dem Dreileitersystem an
diese Maschinen angeschlossen und führt nach der 5 km entfernten
sekundären Station, wo zwei vierpolige Umformer in Gang gesetzt
werden. Dies sind Doppelmaschinen, die aus einem Hauptschluss-
motor und einem Nebenschlussgenerator mit gemeinschaftlicher Achse
bestehen, und ebenso wie die Generatoren der primären Station nach
dem vierpoligen Aussenpoltypus konstruirt sind. Die Motoren wer-
den jeder mit einem Strom von 70 A und 940 V gespeist und ent-
wickeln etwa je 70 P, die direkt auf den Nebenschlussgenerator
übertragen werden. Von diesem wird ein Strom von 170 A und
260 V hervorgebracht, der direkt zur Beleuchtung oder zum Laden
von Akkumulatoren dient.
Die Hochspannungsanlage in Locle und Chaux de
Fonds?). — Eine interessante Kraftübertragung mittels hochge-
spannten Gleichstroms ist ferner von der Cie. de l’Industrie
Electrique in Genf für die Orte Chaux de Fonds und Locle in
der Schweiz eingerichtet. Die Centrale liegt in Combe-Garrot,
20km von Chaux de Fonds und 12 km von Locle entfernt, und
wird nach völligem Ausbau neun Maschinensätze enthalten, von
denen jeder aus einer 400pferdigen Turbine mit horizontaler Achse
und aus einer sechspoligen Thury’schen Gleichstrommaschine für
150 A und 1800 V besteht. Sämmtliche Dynamomaschinen werden
hintereinandergeschaltet und speisen einen 48km langen Stromkreis,
der die Motoren ebenfalls in Reihenschaltung enthält.
Die Schwierigkeiten dieses Systems liegen in der hohen Span-
1) Die elektrische Kraftübertragung von Laucherthal nach Sigmaringen
für Licht- und Kraftzwecke. EI. Zschr. 1894, S. 354.
2) Hecht, Electrieian Bd. 88, S. 683. — El. Zschr. 1895, >. 90.