Full text: Elektrische Kraftübertragung

68 Zweites Kapitel. 
herstellt, diese also kurz schliesst. Wenn die Bürsten an der ge- 
zeichneten Stelle — am neutralen Durchmesser des Kommutators — 
aufliegen, so schadet dieser Kurzschluss nichts, weil keine elektro- 
motorische Kraft in der Spule vorhanden ist; aber brächten wir die 
Bürsten in einen aktiven Theil des Feldes, entweder rechts oder 
links von der neutralen Linie, so würde jede Spule, wenn ihre 
Enden die Bürsten passirten, von einem starken Strome durchflossen, 
der heftige Funken an den Bürsten hervorriefe und wahrscheinlich 
den Anker zerstörte. Die beste Stellung für die Bürsten wird immer 
durch den Versuch gefunden; sie fällt nicht vollständig mit der geo- 
metrischen neutralen Linie zusammen, sondern liegt bei den Dynamo- 
maschinen etwas vor, bei den Motoren etwas hinter ihr. Die 
Meinungen über den Grund dieser Erscheinung sind getheilt. Eine 
Zeit lang schob man sie auf die Verzögerung, die bei der Magneti- 
sirung und Entmagnetisirung des eisernen Kerns stattfinden sollte, 
aber diese Theorie ist schon längst von den meisten Elektrikern 
verworfen. Einige glauben, dass die Verschiebung der neutralen 
Linie von dem magnetisirenden Einfluss herrührt, den der Anker- 
strom auf den Eisenkern ausübt; hierdurch wird der Kern in einen 
doppelten Hufeisenmagnet verwandelt, dessen gleiche Pole an ein- 
ander liegen und dessen Achse fast rechtwinklig auf derjenigen der 
Feldmagnete steht. Andere behaupten wiederum, dass die Bürsten 
wegen des Einflusses der Selbstinduktion in den Ankerspulen bei 
einer Dynamomaschine nach vorwärts und bei einem Motor nach 
rückwärts verschoben werden müssen. In Wirklichkeit beeinflussen 
die zuletzt genannten Ursachen gleichzeitig die Stellung der Bürsten, 
wie wir im vierten Kapitel eingehender auseinandersetzen werden. 
Der erste Elektromotor, dessen Anker nach dem obigen Prineip 
gewickelt war, wurde von Pacinotti in Pisa konstruirt und von 
ihm in der Zeitschrift „Il Nuovo Cimento“ im Jahre 1864 be- 
schrieben. Dieser Motor ist in Fig. 24 skizzirt; der Kern des Ankers 
unterscheidet sich nur dadurch von dem sieben Jahre später von 
Gramme angewandten, dass er nach aussen hin Vorsprünge zwischen 
den Spulen hat, welche die magnetische Anziehung zwischen Anker 
und Polschuhen bedeutend verstärken. Fig. 25 zeigt einen Theil 
des Ankers und der Wicklung. Der Kern der Gramme’schen 
Maschine besteht aus Eisendraht, der in Form eines Ringes von 
länglichem Querschnitt aufgewickelt ist. Nachdem der Ring der 
Isolation wegen mit Band umwunden ist, wird der mit Baumwolle 
  
 
	        
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