Full text: Elektrizitätslehre für Mediziner und Elektrotherapie

    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
362 Die polare Methode. Kap. XX. 
Auslassungen über die Nützlichkeit und Anwendbarkeit der heute so- 
genannten polaren Methode. Schon im Jahre 1859 betonte 
Baierlacher°® die Unabhängigkeit der durch galvanische Ströme 
am Nerven erzielten Reizerfolge von der Stromesrichtung. Die von 
ihm in Anwendung gezogene „unipolare Reizung“ (B. experimen- 
tirte am N. peroneus) gab ihm Gelegenheit, die Wirkung des einzelnen 
Pols für sich auf den Nerven zu beobachten. Bei Reizung des Nerven 
mit dem positiven Pol waren die Schliessungszuckungen schwach oder 
sie fehlten ganz, während die Kontraktionen bei der Oeflnung des 
Stromes stark ausgeprägt waren, und umgekehrt waren bei Reizung 
mit dem negativen Pol die Schliessungszuckungen sehr kräftig und die 
Oeffnungszuckungen sehr schwach oder fehlend. Zu ähnlichen Resul- 
taten war in Frankreich Chauveau*% (1859) gelangt, während in 
Deutschland erst sehr viel später der ältere Remak sich diesen seinen 
Vorgängern anschloss. 
In seinen 1865 zu Paris veröffentlichten „Lecons faites & I'höpital 
de la charite sur l’application de courant constant en traitement des 
nevroses“ fand er die Reizung mit dem positiven Pol identisch mit der 
Reizung eines absteigenden, die mit dem negativen Pol identisch mit 
der Reizung eines aufsteigenden Stromes. Remak*) hat diesen später 
von Brenner mit so grossem Glück wieder aufgenommenen und durch 
eine Reihe schwieriger und exakter Versuche fast zur Vollendung ge- 
brachten Gedankengang nicht mit dem Interesse weiter verfolgt, wie 
er ihn wohl verdient hat: Brenner gebührt offenbar, wie oben S. 267 
schon genügend hervorgehoben ist, das Verdienst, die polare Methode 
ausgebildet und sie als ein kostbares Mittel für die Untersuchung nicht 
allein, sondern auch für die therapeutische Verwertung der ärztlichen 
Welt übergeben zu haben. 
Wie wir gesehen haben (S. 267), ist es wohl möglich, auch am 
lebenden Menschen bei der üblichen Applikation der Elektroden Strom- 
schleifen in beliebiger Richtung durch die in der Tiefe liegenden Organe 
Nerven, Hirn, Rückenmark zu senden. Ebendort aber wurde auch 
der Vorteil der sogenannten polaren Methode zunächst für die Elektro- 
diagnostik genügend hervorgehoben. Zwar ist es wahr, wie zuerst 
durch Filehne5! experimentell genau nachgewiesen wurde, dass bei 
der Applikation nur eines Poles an den Nerven die Verhältnisse sich 
  
*) Zur Zeit der Veröffentlichung von Bernhardt’s!’ „historischer Notiz“ 
(1875) war es diesem Autor nicht bekannt, dass schon im Jahre 18571 Neftel in 
New-York in seinem Buche Galvano-Therapeuties auf Seite 23 und 24 dieselbe 
Remak’sche Bemerkung der Vergessenheit zu entziehen versucht hat. 
   
   
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