378 Faradische Behdlg. v. Hemiplegien. Erregbark.-Verhältn. b. solchen. Kap. XXI.
Fälle von Hemiplegie die Beweglichkeit der unteren Extremität eher
wiederkehrt, als die der oberen, so hat man es bei der Faradisation
Hemiplegischer meist mit den oberen Extremitäten zu tun und auf
die Schultermuskulatur, den Deltoideus, den Triceps, die Hand- und
Fingerextensoren an der Rückseite des Vorderarms, sowie auf die
Mm. interossei für jeden Abschnitt etwa 1—2 Minuten, den Strom zu
richten. Was die Unterextremitäten betrifft, so kann hier das Gebiet
des N. cruralis, sowie das des Ischiadicus in ähnlicher Weise der
Reihe nach vorgenommen werden. Auf die Beuger des Hüftgelenks
direkt durch faradische Reizung einzuwirken, ist leider nicht möglich,
man kann hier den konstanten Strom so anwenden, dass man z. B. einen
Pol (meist die Anode) auf die untersten Brustwirbel, den anderen in
der Schenkelbeuge aufsetzt und längs den Nerven und Muskeln der
unteren Extremität hin und her führt (labile Anwendung des konstan-
ten Stroms: vgl. S. 364). — Diese Methode der labilen peripherischen
Behandlung mit dem konstanten Strom kann man abwechselnd mit
der Applikation faradischer Ströme einer etwa vorangegangenen zen-
tralen Behandlung in derselben Sitzung folgen lassen.
$ 157. Es sei gestattet, an dieser Stelle die wichtige Tatsache
zu konstatiren, dass bei den von Strukturveränderungen des Grosshirns
abhängenden Hemiplegien die elektrische Erregbarkeit der gelähmten
Nerven und Muskeln im Wesentlichen keine Veränderungen erleidet.
So lange diese Teile in ihrer Struktur intakt geblieben sind (und es
kommen derartige Veränderungen, sei es durch trophische Störungen
in Folge langer Ruhe oder durch anderweitige spätere sekundäre Pro-
zesse meist erst Jahre nach dem Eintritt des Insults zu Stande), so
lange bleibt auch die Reaktion auf die elektrische Reizung mit beiden
Stromesarten unverändert. Es fehlen jedenfalls noch exakte Unter-
suchungen, welche mit Berücksichtigung aller möglichen Fehlerquellen
angestellt, die von einigen Autoren behauptete Steigerung resp. die
Abnahme der Erregbarkeit der gelähmten Teile unwiderstreitbar dartun.
Handelt es sich dagegen um intracranielle basale Prozesse, durch
welche einzelne Hirnnerven nach ihrem Austritt aus den zentralen
Ursprungsstätten (Ganglien-Kernen) komprimirt und gelähmt werden
können, oder sind die Nervenkerne motorischer Hirnnerven (bei Aflek-
tionen der Brücke, des verlängerten Markes z. B.) selbst Sitz patho-
logischer Prozesse, so können im Bereiche dieser Nerven, ganz so wie
bei schweren peripherischen Lähmungen die Reaktionen der vollstän-
digen oder partiellen Entartung erhalten werden ?'!
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