144 Doergens, Instrumente für niedere Geodäsie.
Die Verbindung von zwei gleichschenklig rechtwinkligen Pris-
men in der Weise, dass zwei Kathetenebenen eine Ebene bilden und die
Hypothenusenebenen sich rechtwinklig schneiden, hat Bauernfeind
Prismenkreuz genannt. Mit diesem Instrument ist man im Stande, sich
in dem Alignement zweier im Felde gegebenen Punkte beliebig aufzu-
stellen. Sind die Prismen so angeordnet, dass bei den beiden eine Ebene
bildenden Kathetenebenen je eine scharfe Kante in der Verlängerung
einer stumpfen liegt, so lässt sich diese Combination ausserdem noch
anwenden, den Fusspunkt eines auf die gegebene Richtung gefällten
Lothes zu finden.
Das fünfseitige Prisma, 1868 von Bauernfeind angegeben, ge-
stattet das Abstecken von Winkeln von 45, 90 und 180°, ist indessen
für die Praxis nicht von so grosser Wichtigkeit, wie das gleichschenk-
lig rechtwinklige Prisma.
Das Doppelprisma nach O0. Jesse (Nr. 4465 des Kat.) von
Schmidt und Haensch in Berlin, dient wie dasBauernfeind’sche
Prismenkreuz zum Einrichten in eine gerade Linie und zum Abstecken
rechter Winkel. Das Instrument, welches aus zwei über einander lie-
genden Wollaston’schen Glasprismen besteht, ist von O0. Jesse 1875
angegeben, aber schon 1851 von G. Bauer erfunden und beschrieben !).
Theodolite, wie sie für Katastergeometer und Bauingenieure er-
forderlich sind, waren fast nur von deutschen und englischen Mechani-
kern ausgestellt. Für Katasteraufnahmen ist der Verticalkreis entbehr-
lich, da es sich hier nur um genaue Messung von Horizontalwinkeln
handelt. Für die sich auf den Wege-, Eisenbahn- und Wasserbau bezie-
henden geometrischen Vorarbeiten ist die Kenntniss der Höhenverhält-
nisse des Bauterrains von grosser Wichtigkeit. Die Höhenunterschiede
werden in der Situation durch die sogenannten Horizontalcurven ange-
geben, welche man aus den auf dem Felde ermittelten Höhen meist durch
Anwendung der graphischen Interpolation ableitet. Für die Ermitte-
lung der horizontalen Distanzen und relativen Höhen verschiedener
Objecte von einem gegebenen Standpunkte aus wird der Theodolit
geeignet, wenn dessen oberes Fernrohr ein distanzmessendes ist und
wenn gleichzeitig ein Verticalkreis vorhanden, mit dem die Neigungen
der unmittelbar gewonnenen Distanzen gegen den Horizont des Beob-
achters bestimmt werden können. Ein so eingerichteter Theodolit ist
zuerst von Moinot, speciell für Eisenbahnvorarbeiten, construirt und
Tacheometer genannt worden. Solche eigentlich zur Gruppe der Uni-
versalinstrumente gehörigen Theodolite waren in mehreren Exemplaren
vorhanden. Bei vielen der ausgestellten Theodolite war das Fernrohr
mit einer Libelle versehen, um das Instrument auch zum Nivelliren an-
1) Siehe Deutsche Bauzeitung IX, 440 und 471.
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