Ophthalmologische Apparate. 581
secundäre Lage um eine zu beiden Richtungen der optischen Axe
rechtwinklige kinetische Axe gedreht denkt (Listing’sches Gesetz).
Der Antheil der einzelnen Muskeln bei Herbeiführung der Secundär-
stellung des Auges bemisst sich durch Zerlegung der eben gedachten
Drehung um die kinetische Axe nach den drei fundamentalen oder
muscularen Axen. Eine Folge dieses Gesetzes ist, dass beim Uebergang
des Auges aus der Primärstellung in irgend eine secundäre Stellung
die Drehung um die Sehaxe Null ist, dagegen beim Uebergang aus
einer secundären in eine andere secundäre Stellung der Bulbus eine
Drehung um die Sehaxe erleidet, deren Maass seinen Ausdruck in dem
sphärischen Dreieck findet, welches auf einer mit dem Auge concen-
trischen Kugelfläche von beliebigem Halbmesser durch die drei Stellun-
gen der Augenaxe, der primären und den beiden secundären, bestimmt
ist, wobei die Achtelkugelfläche einer Drehung um 909 entspricht.
Beim binocularen Sehen kommt die Abhängigkeit der Primärstellung
von dem parallactischen Winkel‘der beiden Augenaxen in Betracht,
ohne deren Berücksichtigung keine präcise Verification des Gesetzes
erzielt wird.
Zur Veranschaulichung der im Vorstehenden in Kürze dargelegten
kinematischen Verhältnisse des Auges dient der von Prof. Hermann
in Zürich zur Ausstellung gebrachte Apparat, das sogenannte Blem-
natotrop. Ein Modell des Augenpaares in etwa doppelter Linearver-
grösserung versinnlicht durch eine dünne Messingplatte die in ihrer
Neigung zum Horizont veränderbare Visualebene, welche stets die
beiden Sehaxen (Visirlinien) enthält. Vertical- und Horizontalmeridian
des Auges sowie Aequatorialring dienen zur Einstellung beliebig car-
dinaler oder schiefer kinetischer Drehungsaxen. Aehnliche, zum Theil
einfachere Vorrichtungen, von Ruete und von Donders vor geraumer
Zeit zur Darstellung der gleichzeitigen Stellung der Visirlinien und
Bulbi beider Augen construirt, führen meistens den Namen Ophthal-
motrop. Die Ausstellung zeigte unter der grossen Reihe ophthalmolo-
gischer Apparate von Prof. Donders aus dessen physiologischem In-
stitute zu Utrecht eine Vorrichtung zur Verification der Gesetze von
Donders und Listing, unter Benutzung der Nachbilder von vor-
gängig fixirten farbigen Bändern. Zum Theil ähnlichen Zwecken dienen
die Donders’schen Phaenophthalmotrope und das von Schellen in
Utrecht ausgestellte Ophthalmotropometer, die sich gleichfalls unter
den ophthalmologischen Apparaten auf der Ausstellung befanden.