Full text: Bericht über die wissenschaftlichen Apparate auf der Londoner internationalen Ausstellung im Jahre 1876

  
‘ Bedeutung des Oeffnungswinkels. 401 
rung und Intensitätsabstufung der Strahlen übereinstimmend ist — 
was beides durch viele frappante Thatsachen des Experiments und der 
gewöhnlichen Beobachtung illustrirt wird. 
Es bedarf nur noch des Hinweises auf bekannte Lehrsätze der 
Optik, um von dieser Grundlage aus die Function und Bedeutung des 
Oefinungswinkels in aller Bestimmtheit charakterisiren zu können. 
Je grösser die Theile eines körperlichen Gebildes im Verhältniss 
zur Länge der Lichtwellen sind, in einem desto engeren Winkelraum 
verlaufen die durch die Beugung erzeugten Strahlen; je kleiner diese 
Theile, in desto breitere Lichtbüschel löst die Diffraction die einfallen- 
den Strahlen auf. So lange demnach eine Structur, was immer auch 
ihre Form und Gliederung sein mögen, in den Dimensionen ihrer Theile 
noch ansehnliche Vielfache der Wellenlänge umfasst, bleibt alles ge- 
beugte Licht von merklichem Intensitätsantheil in einem kleinen Win- 
kelraum um die Richtung des directen (ungebeugten) Strahles zusammen- 
gedrängt. In diesem. Falle reicht ein kleiner Oeffnungswinkel des 
optischen Systems aus, um das gesammte Licht zur Wirkung zu bringen; 
solchen Objeeten gegenüber ist also die obige Bedingung einer con- 
formen Abbildung leicht erfüllt. Hierauf beruht es, dass von Gegen- 
ständen, deren Theile nur auf die Zehntel des Millimeters herabgehen, 
schon das freie Auge bei einem Oeffnungswinkel von nur !/, bis 1 Grad 
vollständige, d. h. geometrisch ähnliche Bilder auf der Netzhaut ent- 
wirft, und dass bei den gröberen Objecten des mikroskopischen Studiums, 
deren Theile sich noch in den Hundertsteln des Millimeters bewegen, das 
Mikroskop, auch bei mässigem Oeffnungswinkel des Objectivs, unbe- 
dingte Aehnlichkeit des Bildes mit dem Gegenstand gewährleistet. Je 
mehr aber die Theile eines Gebildes auf kleine Multipla der Wellenlänge 
oder gar unter deren einfachen Betrag herabgehen, desto weiter ent- 
fernen sich abgebeugte Strahlen von noch merklicher Intensität aus 
der Richtung des directen Strahles; und zwar umfasst bei schr kleinen 
Dimensionen der Theile selbst der volle Winkelraum der Halbkugel 
noch nicht das gesammte, der Structur charakteristische Beugungs- 
phänomen, wofern nicht zugleich das umgebende Medium durch einen 
hohen Brechungsindex eine Verkürzung der Wellenlänge selbst herbei- 
führt. Mit abnehmenden Dimensionen wird daher ein immer grösserer 
Oeffnungswinkel des optischen Apparates nöthig, um noch den ganzen 
Beugungsbüschel bis zur Grenze minimaler Intensität aufnehmen zu 
können; und zuletzt ist auch dem grössten herstellbaren Oeffnungs- 
winkel unserer Mikroskope nur ein kleiner Theil des abgebeugten 
Lichtes — die centrale Partie des gesammten Beugungsphänomens — 
zugänglich. Je kleiner dieser Theil nun wird, desto weiter entfernt 
sich das mikroskopische Bild von einer blossen Projection der wirklichen 
Structur, desto mehr verschwinden in ihm die individuellen Merkmale 
des Objectes und geht es über in eine schematische Darstellung gewisser 
Londoner Ausstellung wissenschaftlicher Apparate. 236 
  
 
	        
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