678 Biedermann, Die Agriculturchemie.
war ausgestellt worden von den berühmten landwirthschaftlichen Ge-
lehrten John Bennet Lawes und J. H. Gilbert N,
Zu den Ländereien der Farm von J.B. Lawes zu Rothamsted ge-
hört ein Stück, der Park genannt, von etwa 3 ha Flächeninhalt, welches
seit undenklichen Zeiten als Wiese benutzt worden ist. Seit 40 Jahren
ist kein neuer Samen darauf gesäet und Niemand kann angeben, dass
dies jemals vorher geschehen sei. Die systematischen Düngversuche
auf diesem jungfräulichen Boden wurden im Jahre 1856 begonnen, als
die Gräser der Wiese eine grosse Gleichförmigkeit zeigten; sie werden
noch immer fortgesetzt. Die Wiese ist in 20 Parcellen getheilt, von
denen eine seit 28 Jahren ganz ohne Dünger geblieben ist; jede der
anderen hat Jahr auf Jahr ihre besondere Düngung erhalten.
Lawes und Gilbert haben nicht nur die Einwirkung verschiede-
ner Dünger auf verschiedene botanische Familien, die für sich getrennt
blieben, studirt, sondern auch die Wirkungen auf die Beschaffenheit und
Quantität der Ernten, welche mehrere Familien, viele Genera und Arten
enthalten. Die Gramineen und Leguminosen verhalten sich, getrennt
cultivirt, sehr verschieden. Stickstoffhaltige Dünger haben eine höchst
günstige Wirkung auf die Zunahme der für sich eultivirten Gramineen,
wie Weizen-, Gerste-, Hafer-Pflanzen, die merkwürdiger Weise einen
sehr geringen Procentgehalt an Stickstoff zeigen. Die stark stickstoff-
haltigen Leguminosen andererseits, die Bohnen, Erbsen,der Klee u. s. w.,
ziehen durchaus keinen besonderen Vortheil aus der Anwendung
stickstoffhaltiger Dünger, sei es, dass Ammoniaksalze, sei es, dass sal-
petersaure Salze die Träger des Stickstoffs sind. Während ferner
Mineraldünger ohne Stickstoff bei sonst gleichen Bedingungen die stick-
stoffarmen Gramineen nur wenig fördern, vermehren solche Dünger,
besonders die kalihaltigen, die Ernte der Leguminosen bedeutend und
veranlassen diese somit, eine grössere Menge Stickstoff zu assimiliren.
Das sind Resultate, die bei getrennter Cultur verschiedener Fami-
lien erhalten wurden. Nun befinden sich in dem gemischten Pflanzen-
wuchs auf permanentem Wiesenland 50 und mehr verschiedene Arten
zusammen, welche ungefähr 18 oder 20 natürlichen Ordnungen oder
Familien angehören. Unter diesen haben die Gramineen den gröss-
ten Antheil an dem Pflanzenwuchs, aber auch die Leguminosen sind
auf gutem Grasland in beträchlichem Verhältniss vorhanden.
Versuche über den Einfluss verschiedener Dünger auf diese gemischte
Vegetation wurden, wie bemerkt, in Rothamsted seit 1856 angestellt,
und schon in den ersten Versuchsjahren wurden Veränderungen in der
Flora offenbar. Die Untersuchungen beschränkten sich nun nicht allein
auf die Ermittelung der Quantität der Ernte im Ganzen, der Menge
Feuchtigkeit, der trockenen Substanz, des Stickstoffs, der Asche,
1) Nr. 5749 des deutschen Kat. Vergl. den Bericht von Cohn 663.