Full text: Bericht über die wissenschaftlichen Apparate auf der Londoner internationalen Ausstellung im Jahre 1876

Inroh 
Linsen und Fernröhre. 45 
Mit ibr machte H. Davy seine 1814 veröffentlichten Versuche über 
denselben Gegenstand }). 
Von Italien aus hatte sich die Kunst des Brillengläserschleifens 
wohl noch im Mittelalter nach den Niederlanden verbreitet, wo sie na- 
mentlich in Middelburg in Seeland am Ende des 16. Jahrhunderts blühte. 
Hier stellten, wie wohl jetzt so ziemlich sicher ist, 1590 zwei 
Brillenmacher, Vater und Sohn, Hans Zachariassen und Zacha- 
rias Janssen (welchen letzteren Namen die Geschichte der Familie, 
die damals noch keinen Familiennamen besass, beigelegt hat) den ersten 
zusammengesetzten optischen Apparat, nämlich das erste Mikroskop 
her. 1608 folgte die Erfindung des holländischen Fernrohres, welches 
wahrscheinlich von Jacob Metius zuerst erdacht, von Lippershey 
aber zuerst ausgeführt wurde. Im April oder Mai 1609 hörte Galilei 
von diesem neuen Instrumente, als er sich, da er noch in Padua wohnte, 
gerade in Venedig befand. Kaum nach Hause zurückgekehrt, erfand 
er das holländische Fernrohr durch sachgemässe Ueberlegung, wie er 
in den beiden Berichten, die er darüber hinterlassen hat, besonders 
hervorhebt, noch einmal, so dass dasselbe mit Recht auch das Gali- 
lei’sche genanntwird ?). 1611 erfand dann Kepler das astronomische 
Fernrohr durch theoretische Betrachtungen. Nun hat neuerdings ) 
Harting wahrscheinlich zu machen gesucht, dass auch dieses von 
Hans und Zacharias Janssen und zwar um 1610 erfunden ist, 
dass dieses dasjenige sei, wovon die alten Chroniken erzählen, es sei 
zufällig durch Kinder, welche mit Brillengläsern spielten, entdeckt. 
Wir wissen, dass von dieser Erzählung schon Galilei Kunde hatte, 
Auf die Arbeit Harting’s genauer einzugehen, werde ich an einem 
anderen Orte Gelegenheit nehmen. Derselbe stützt seine Annahme auf 
den Umstand, dass man um 1610 bereits einen Unterschied machte 
zwischen „korte kykers“ und zwischen „lange kykers“ (conspieilia longa, 
tubi longi, telescopia Tonga) waar door men naar de maan, de planeten en 
de sterren zag.“ Auch bemerkte Willem Boreel (geb. 1597 in 
Middelburg, gestorben als holländischer Gesandter in Paris 1668), wel- 
cher den Leibarzt des Königs von Frankreich, Pierre Borel, mit 
Material zu dessen 1655 erschienenem Buche: „de vero Telescopii in- 
!) Poggendorff giebt T. I, p. 77 seines biographisch - literarischen 
Handwörterbuchs unter Averani an, dass zu diesen Versuchen ein Brenn- 
spiegel von Bregens, T. II, 1068, unter Targioni, dass dazu ein solcher 
von Tschirnhausen gedient habe. ?) Il Saggiatore, Opere de Ga- 
lileo, vol. II, Bologna 1655, 47 bis 49; s. auch Ber. über die Ausstellung 
wissensch. Apparate im South Kens. Mus. zusammengestellt v. Biedermann 
408, der aufSeite 410 ein chronologisches Verzeichniss der teleskopischen Ent- 
deckungen Galilei’s bringt, gelegentlich welcher zu bemerken ist, dass die darin 
erwähnte Erzählung von dem: „E pur si muove!“ nach den neuesten Forschungen 
sich als nicht geschichtlich erwiesen hat. ®)Harting, Oude optische werktuigen, 
toegeschreven aan Zacharias Janssen etc., Album der Natuur 1867, 257. 
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.