Von der Stromſtärke und deren Meſſung. 173
62. Die KRirhhoffchen Gefehe. Jm $ 60 haben wir einen ein-
fachen Stromkreis betrachtet, der aus einer Anzahl von Leitern beſtand,
die eine beliebige, geſchloſſene Figur bildeten. Jn dex Praxis kommen
häuſig complicirtere Verbindungen vor, die fich leiht mit Hilfe der
beiden Säße von Kirchhoff auflöſen. laſſen ; der erſte derſelben lautet:
1) Wenn in einem Bunct mehrere Ströme z1u->
jammentreffen, fo ift die algebraifhe Summe fämmt-
fiber Strom a tn = 3
Jm Punct O, Fig. 30, treffen z. B. fünf Ströme zuſammen ;
in den drei Leitungen AO, BO, CO ſei der Strom nah dem Punct O
gerichtet, in OT und OU dagegen entferne ex fih von O: mit andern
Worten, das Potential des Punctes O iſt kleiner als die Potentiale in
A, B, C, dagegen größer als die Potentiale in den Puncten T und U.
Fig. 30,
Die drei erſteren Ströme ſind daher als poſitiv, die letteren als negativ
aufzufaſſen und es iſt ſofort klar, daß die Summe der letzteren nicht
größer ſein kann als die Summe der erſteren, da ſie ſonſt mehr Electri-
cität transmittiren würden, als gleichzeitig in O ankommt. Dieß iſt
aber nur möglich, wenn in O eine electromotoriſhe Kraft ausgeübt
wird — eine Vorausſezung, welche hier jtillfchweigend ausgeſchloſſen iſt.
Ebenſowenig kann die Summe der negativen Ströme kleiner ſein als
die Summe der poſitiven, ſonſt müßte fi) in O eine ohne Grenzen
wachſende Ladung anhäufen oder es müßte der Ueberſhuß in irgend
eine andere Form von phyſiſcher Energie umgeſetzt werden; die erſtere
Borausjegung widerjtreitet aller Erfahrung und die zweite ijt von unjerem
obigen Sat ausgejchlojjen. Es läßt ſih übrigens leicht vorausjehen und
wird auch durch die Erfahrung beſtätigt, daß die Wirkung einer electromoto-
riſchen Kraft in O oder eine Umſetzung des Ueberſchuſſes von electriſcher
Energie in eine andere Form von Energie die Summen der entgegen-