430 Zehntes Capitel.
Um die Enden der Leitung zur Erde abzuleiten, löthet man ſie an
die gußeiſernen Gasleitungsröhren, an Eiſenbahnſchienen oder in Ermang-
lung deſſen an große Kupſferplatten , eiſerne Pfähle oder Drahtrollen,
welche in einer ſtets feuchten Erdſchicht oder in Brunnen vergraben
werden , die mit Kohlengries und Kokesſtückchen ausgefüllt werden.
Unter den oberivdifchen oder continentalen Linien unterſcheidet man
die directen Linien, welche zwei große Gentren eines Staates oder
zweier benachbarter Staaten (internationale Linien) unmittelbar
mit einander verbinden; die Halbdirecten Linien, welche zwei
große Centren verbinden und nicht über 4 Stationen enthalten, und end-
fich die Omnibuslinien, welche fich über acht bis zehn Stationen
erſtre>en. Ferner hat man noh Verbindungslinien, welche den
Anſchluß zwiſchen ſtaatlichen und privaten Linien, 3. B. Eijenbahntele-
graphen, vermitteln.
183. Material der oberirdifchen Leitungen. Für oberirdiſche Lei-
tungen verwendet man gewöhnlich weichen Eiſendraht ; obſchon derſelbe
ſechsmal \{<le<ter leitet als Kupfer, ſo beſit er dafür eine weit größere
Zähigkeit und Elaſticität, dehnt fich durch die Wärme nicht jo ſtark aus
und nimmt nicht ſo leicht jene oberflächliche Härtung an, welche den
Kupferdraht jo zerbrechlich macht, wenn er lange Zeit als Leitung ge
dient hat. Man führt gewöhnlich ‚auch die Billigkeit des Eijens gegen-
über dem Kupfer an; allein die Preisdifferenz wiirde vielleicht mehr als
ausgeglichen, da man den Kupferdraht viel dünner (35 von der Dide
eines gleichlangen Eifendrahtes von gleichem Widerſtand) nehmen könnte
und viel weniger und jchwächere Telegraphenjtangen nötig hätte; das
Gewicht einer Kupferdrahtleitung würde nur ungefähr !/; von dem einer
gleichlangen eifernen Leitung von gleichem Widerjtand betragen. Linien,
welche feiner ftarfen Beanfpruchung dur) Wind» oder Schneedrud aus-
gefegt find, wie z. B. in Tunnels, macht man übrigens doh aus Kupfer,
wogegen in ſolchen Localitäten, wo es auf größte Zähigkeit ankommt,
für die Telegraphie, indem niht nur die Anlage- und Unterhaltungskoſten einer
Linie dadur< auf die Hälfte reducirt, ſondern auh die Verdoppelung der Linien
in einer und derjelben Richtung ermöglicht wurde. Verſchiedene Phyſiker, darunter
Steinheil, Baumgartner und Matteucci glaubten, daß die Erde in der
That als Rückleitung diene, indem der Strom von der einen Endplatte durch die
Erde hindurch zur anderen gehe; der Widerſtand mußte troy des bedeutend ge
ringeren ſpecifiſchen Leitungsvermögens der Geſteine wegen der Größe des Quer-
ſhnittes gegen den Widerſtand des Drahtes verſhwinden. Allein Wheatſtone
und Caſelli widerlegten dieſe Anſicht auf experimentellem Wege und zeigten, daß
die Stromſchließung in diefem Fall einfach durch die Differenz der Potentiale be
wirkt werde, wie wir in $8 48 und 49 geſagt Haben.