132 Ueber die Bewegung der Elektrieität in Drähten.
Ich denke mir einen homogenen und überall gleich dicken
Draht von kreisförmigem Querschnitt; auf der Mittellinie die-
ses Drahtes nehme ich einen festen und einen veränderlichen
Punkt an; das Stück der Mittellinie zwischen beiden nenne
ich s; durch den veränderlichen Punkt lege ich einen Quer-
a) schnitt und bezeichne die Polarcoordinaten eines Punktes die-
ses Querschnitts in Beziehung auf ein Coordinatensystem,
dessen Anfangspunkt der Mittelpunkt ist, durch og und w. Ich
will die elektromotorische Kraft berechnen, welche die beiden
Elektricitäten in der Nähe des durch s, o und w bestimmten
Punktes nach der Längsrichtung des Drahtes zu trennen strebt.
Diese Kraft rührt her zum Theil von vorhandener freier Elek-
trieität, zum Theil von der Induction, die in Folge. der
Aenderungen der Stromstärke in allen Theilen des Drahtes statt-
findet. In Beziehung auf den ersten Theil kann man von dem
Coulomb’schen elektrostatischen Gesetze Gebrauch machen.
Es bezeichne V die Potentialfunction der freien Elektricität
in Bezug auf den betrachteten Punkt, also die Summe der
einzelnen freien Elektricitätsmengen, eine jede dividirt durch
ihre Entfernung von dem Punkte. Die Elektricitätsmengen
sollen hierbei nach mechanischem Maasse gemessen sein, d.h.
Einheit der Elektricitätsmenge soll diejenige sein, die auf eine
u gleiche Menge in der Einheit der Entfernung wirkend, die
Einheit der Kraft ausübt. Ueberhaupt sollen alle Grössen,
die in der Betrachtung vorkommen werden, Stromstärken,
Widerstände u. s. w. nach mechanischem Maasse gemessen
gedacht werden in der Weise, wie es Weber mehrfach in
seinen elektrodynamischen Massbestimmungen angegeben hat.
Es ist dann — ©” die Kraft, mit der die freie Elektricität
die Einheit positiver Elektricität in dem betrachteten Punkte
nach der Richtung zu bewegen sucht, in der s wächst. Eben
Ri so gross ist die Kraft, die auf die negative Elektricität in
entgegengesetzter Richtung wirkt. Daher ist Ft die auf
die Einheit der Elektrieitätsmenge bezogene, in dem betrach-
teten Punkte wirksame elektromotorische Kraft, die von der
freien Elektricität herrührt.