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In den bebauten älteren Teilen der Stadt ergiebt sich ganz von selbst aus
der Lage der einzelnen Straßen im Stadtplane ihre Benutzungsart für den Anbau.
Durch Kenntnis der allgemeingültigen Regeln und durch sorgfältige Beobachtung
der besonderen örtlichen Verhältnisse kann aber auch der Entwerfer von Bebauungs-
plänen für neuere Stadtteile in den Stand gesetzt werden, schon im voraus je
nach der Lage und der Richtung, welche er für eine Straße vorzeichnet, die Art
der künftigen Benutzung durch den Anbau vorherzusehen. Eine solche genauere
Prüfung ist bei der Aufstellung neuer Bebauungspläne eine ernste Pflicht. Nichts
ist mehr zu verwerfen, als wenn bei der Anfertigung eines Bebauungsplanes die
Frage, wozu denn voraussichtlich jede einzelne Straße dienen soll, ob sie vorzugs-
weise Geschäftsstraße oder vorzugsweise Wohnstraße werden wird, entweder gar
nicht gestellt oder nicht genügend genau geprüft wird. Denn die Wohn- und
die Geschäftsstraßen bedürfen sowohl ihren Steigungsverhältnissen, als auch ihrer
Breitenabmessung, der Ausgestaltung ihres Querprofils und ihrer Befestigungsart
nach einer ganz verschiedenartigen Behandlung.
Die Geschäftsstraße muß eine möglichst geringe Steigung erhalten; sie
muß eine ausgiebige Breite aufweisen, und ihr Querprofil muß so gewählt sein, daß
die Zugängigkeit zu den Grundstücken für den Wagen- und Fußgängerverkehr eine
gute ist.
Dahingegen sind für die Wohnstraßen auch stärkere Gefällverhältnisse
und — abgesehen von einzelnen breiteren Luxusstraßen mit Baumanpflanzungen und
sonstigen gärtnerischen Anlagen — geringere Straßenbreiten zulässig. Auf
die gute Zugänglichkeit der Grundstücke kommt es bei den Wohnstraßen nicht so
sehr an, wie bei den Geschäftsstraßen.
Da über die Steigungsverhältnisse der Straßen schon im vorigen Abschnitt
ausführlicher gesprochen worden ist, und da ferner die Ausgestaltung der Straßen-
querprofile und die Wahl der Straßenbefestigungsart später eingehender behandelt
werden soll, so sei hier nur einiges über die Straßenbreiten gesagt.
Auf jeden Fall muß dringend empfohlen werden, die Straßenbreiten für die
Fluchtlinienpläne nicht überall nahezu gleich zu wählen, auch die Maße nicht dem
Zahlensystem zuliebe abzurunden (10, 15, 20, 25 m), sondern in jedem Falle
die Breite der einzelnen Straßen nach vorheriger sorgfältiger Ermitte-
lung des geeignetsten Querprofils festzustellen.
Oft findet man bei Stadtverwaltungen eine Normalstraßenbreite festgestellt,
welche sich nun überall in den neueren Stadtteilen vorfindet. Dieses Verfahren ist
aber ebenso falsch, als bequem. Man wird vielmehr zweckmäßig den Haupt-
straßen reichlichere Breitenabmessungen zu geben, Nebenstraßen aber
schmaler zu gestalten haben, und zwar mit der Bedeutung der Straßen nach
unten hin staffelförmig abnehmend. Dadurch erreicht man nicht nur die aus ästheti-
schen Gründen so durchaus wünschenswerte Abwechselung in dem Städtebild,
sondern man stellt die Anlage von Straßen auch auf eine bessere finanzielle
Grundlage, da in diesem Falle die erhöhten Ausbaukosten für breitere
Straßen auf den wertvolleren Besitz an Hauptstraßen (Geschäfts-
straßen) entfallen, während die billigeren Grundstücke in Neben-
straßen (Wohnstraßen) entsprechend geringere Straßenbaukosten zu
tragen haben.
In einzelnen Fällen, namentlich bei vorhandenen sogenannten historischen
Straßen, deren Ausbau nicht den Anliegern, sondern der Stadtgemeinde zur Last
fällt, wird man mit Vorteil auf die Möglichkeit einer späteren, den gesteigerten
Verkehrsbedürfnissen entsprechenden Verbreiterung insofern Rücksicht zu nehmen
haben, als man Vorgärten fluchtlinienmäßig vorschreibt in der Absicht, diese später