Full text: Die städtischen Strassen (Band 1, 1. Heft)

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durch Ankauf oder Enteignung in den Besitz der Gemeinde zu bringen. Dadurch 
werden für die Gegenwart die Kosten des Straßenausbaues herabgemindert und in 
ein richtiges Verhältnis zur augenblicklichen Verkehrsbedeutung der Straße gebracht, 
während für die Zukunft eine Straßenverbreiterung unter Aufwendung verhältnis- 
mäßig geringer Kosten ermöglicht wird. In den meisten derartigen Fällen werden 
die Besitzer sogar ihre Vorgärten nach und nach aus eigenem Antrieb beseitigen, 
um die Anlage von Schaufenstern zu ermöglichen, welche von dem Publikum be- 
quem in Augenschein genommen werden können. Die Gemeinde wird dann im 
wesentlichen nur die Kosten für die Verbreiterung der Straßenbefestigung zu tragen 
haben. Derartige Umwandelungen von Vorgartenstraßen in breitere Geschäfts- 
straßen vollziehen sich namentlich oft bei den nach außen führenden Radialstraßen, 
welche ursprünglich Chausseen mit landhausmäßiger Bebauung waren und welche 
nach und nach bei der Ausbreitung der Stadt nach außen hin den Üharakter von 
Geschäftsstraßen annahmen. Als Beispiel hierfür seien die Potsdamer Straße in 
Berlin und die Venloer Straße in Köln-Ehrenfeld angeführt. Bei letzterer hat die 
Stadtgemeinde gegen die Zusicherung alsbaldiger Herstellung von durchgehenden 
Bürgersteigen an Stelle der Vorgärten fast die gesamten Vorgartenterrains ohne be- 
sondere Entschädigung für den Grund und Boden zum Eigentum erhalten. 
Es ist aber nicht allein die Ausgestaltung der Straßen selbst nach Steigung, 
Breite, Querschnitt und Befestigungsart, welche je nach der voraussichtlichen Be- 
nutzung der Straßen von vornherein zweckentsprechend zu wählen ist; auch die 
Tiefe der im Bebauungsplan anzunehmenden Baublöcke ist verschieden zu 
bemessen, je nachdem es sich um Stadtteile handelt, in welchen voraussichtlich 
Geschäftsstraßen mit Wohn- und Fabrikgebäuden oder in welchen lediglich Wohn- 
straßen entstehen werden. Diese letzteren Straßen sind nun noch im besonderen 
unterschiedlich von einander zu behandeln, je nachdem solche Straßen vorzugsweise 
dem Anbau der ärmeren oder der wohlhabenderen Bevölkerungsklasse zu dienen 
haben werden. 
Fabrikgrundstücke erfordern eine größere Blocktiefe, ebenso Baustellen 
mit Gärten für den wohlhabenderen Teil der Einwohnerschaft, während die von 
der ärmeren Bevölkerungsklasse gesuchten Wohnviertel von vornherein nur ge- 
ringe Blocktiefe erhalten müßten, damit schon durch die Anordnung des Stadt- 
bebauungsplanes selbst die Errichtung der verwerflichen Hintergebäude unmöglich 
gemacht wird. Als Beispiel für eine solche Anordnung geringer Blocktiefen sei 
in Fig. 10 ein kleiner Teil der Stadt Liverpool dargestellt. Zahlreiche andere 
englische Städte zeigen ähnliche Stadtpläne. Aber auch in den Fällen, in welchen 
es sich um Baustellen mit Gärten handelt, dürften die Blocktiefen nicht zu groß 
gewählt werden; denn die Sucht, aus dem Baustellengelände mit allen Mitteln 
den denkbar grössten Ertrag zu erzielen, kann einzelne Spekulanten leicht dazu 
führen, eine weitere Unterteilung der Blöcke vorzunehmen und dadurch die ge- 
planten Gärten zum Fortfall zu bringen. Es kommt noch hinzu, daß größere 
Gärten wegen der schwierigen und teuren Unterhaltung von der heutigen städtischen 
Bevölkerung nicht gerade bevorzugt zu werden pflegen und daß es sich schon aus 
diesem Grunde empfiehlt, in den Größenabmessungen für die Gärten nicht zu weit 
zu gehen. Wenn man daher die Blocktiefen für derartige Wohnviertel unter Berück- 
sichtigung der ortsüblichen Bauweise so einrichtet, daß nur mäßig große Garten- 
flächen für die einzelnen Grundstücke verbleiben, dann wird man nicht nur den 
Wünschen der künftigen Bewohner am meisten Rechnung tragen, sondern es werden 
sich in der Regel auch die Kosten für das Durchlegen einer neuen Straße höher 
stellen, als der aus einer engeren Bebauung ohne Gärten erzielte Mehrgewinn: die 
Unterteilung der Blöcke wird also von selbst unterbleiben. 
  
  
  
 
	        
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