98
er sich in älteren Stadterweiterungen leider vielfach vorfindet, sei der Rannische
Platz zu Halle angeführt (Fig. 38). Der Platz macht einen äußerst zerrissenen und
unruhigen Eindruck, etwa wie ein Zimmer mit zahlreichen offenstehenden Thüren
und Fenstern, und die Orientierung auf demselben ist selbst für den Einheimischen
keine leichte.
Um wenigstens den Platzwandungen, welche nach dem bestehenden Fluchtlinien-
plane fast ausschließlich aus den a handtuchartig wirkenden Endigungen der
spitzwinkeligen Eckhäuser gebildet a sollten, nach Möglichkeit eine größere
Ausdehnung zu geben, wurde auf Vorschlag des Verkossans von den städtischen Körper
schaften beächlessen, die Vorgärten der Linden: und Thorstraße nicht ganz bis zum
Platze duschzuführen und Tales an den Ecken von Linden- ai Liebenauer-
straße, sowie Bertram- und Thorstraße stattlichere Eckhäuser mit breiteren Platz-
fronten entstehen zu lassen. Diese Maßregel konnte unbedenklich ergriffen werden,
einmal weil sowohl die Lindenstraße, wie auch die Thorstraße eine ansniahikch
für alle Zeiten ausreichende Breite haben und daher auf eine spätere Verbreiterung
durch den Fortfall der Vorgärten nicht angewiesen sind, und sodann, weil die vor-
springende Wand der Bekhäuser nach den Vorgärten hin, welche nach der vor-
gesehenen Baufluchtlinienfestsetzung nicht mit den Grundstücks sgrenzen zusammen-
fällt, ganz von selbst eine eioische Ausbildung erfahren winh ste. Der Besitzer
des einen Eckgrundstückes hatte sich überdies sogar Derek erklärt, die Verpflichtung
zur fassadenmäßigen Ausbildung dieser Wand Bach in das Gndhach eintragen zu
lassen. Der Besitzer des en Eckgrundstückes erhob aber, obgleich doch nach
dem neuen Plane sein Grundstück erheblich mehr bebaubare Fläche erhielt, als vor-
dem, Widerspruch gegen den Plan, ebenso mehrere Besitzer der angrenzenden Grund-
ntäche welche sich durch die Behinderung der Aussicht auf den Rannischen Platz
benachteiligt fühlten. Im Verwaltungsstreitverfahren sind nun diese Einwendungen,
obgleich alle ästhetischen Gründe für die Fluchtlinienänderung seitens der Stadt
dagegen geltend gemacht wurden, als begründet anerkannt worden; man hat an-
scheinend den Einspruch erkeheiden Grundstücksbesitzern auch nicht in geringem
Maße den an sich doch gewiß höchst zweifelhaften „@enuß* ek Waller,
den sie in der ungehindärten Aussicht auf den unglückseligen „Platz“ zu finden
glauben.
Dieses Beispiel, unmittelbar aus der Praxis heraus, ist hier nur angeführt
worden, um zu zeigen, wie weit die maßgebenden Behörden noch davon nl
sind, aueh üsihetische Gründe im Städtebau selbst nur als gleichberechtigte
Norderangen neben anderen rein praktischen Erwägungen anzuerkennen. —
Außer diesen Verkehrsplätzen dienen dem städtischen Betriebe die Markt-
plätze, die Plätze zur Aufstellung von Lohnfuhrwerken, die Plätze zur
Abhaltung von militärischen Verarstalldegen u. 8. w. Die Größe dieser
Plätze a außerordentlich verschieden sein und richtet sich ganz nach den be-
sonderen Zwecken, welchen dieselben zu dienen haben. Bezüglich seiner Aus-
gestaltung kann ein solcher Platz sehr wohl gleichzeitig auch ein Architektur-
platz, also von hervorr 'agenden Bauwerken umgeben sein. Er kann aber auch
gleichzeitig als Erholungsplatz dienen und demgemäß Baumanpflanzungen und
gärtnerische Anlagen aufweisen. Ueberhaupt ist die strenge Scheidung der Plätze
in die yörberechseich Gattungen thatsächlich nicht immer Airehführhar; ein und
derselbe Platz wird oft inale ae Zwecken zugleich zu dienen haben. Es kam aber
im Vorstehenden darauf an, die Ser äischöilenden Merkmale für die verschiedenen
Benutzungsarten möglichst klar und bestimmt darzulegen. —
Wir haben sechs, wie bei der Anlage von str@hischen Straßen Schönheits-
rücksichten eine end auf Richtung, Breite und Länge der einzelnen Straßen