Full text: Das Leuchtgas als Mittel zur Versorgung der Städte mit Licht, Kraft und Wärme (Band 4, 1. Heft)

  
  
  
  
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9. Kapitel. 
Gasverlust. 
Ss. 44. Allgemeines. 
Der Unterschied zwischen der Gasproduktion und der Gaskonsumtion wird im 
allgemeinen als Gasverlust bezeichnet und als solcher in den Geschäftsberichten der 
Gasanstalten aufgeführt. Er beträgt bei gut geleiteten Gasanstalten, unter normalen 
Verhältnissen, etwa 5—7° der Gasproduktion (vgl. die Tabellen in $ 24). Nach 
einer weitverbreiteten irrigen Auffassung wird die gesamte als Verlust bezeichnete 
Gasmenge oft als gleichbedeutend mit dem durch Undichtigkeiten im Rohrnetze ent- 
standenen Verluste angesehen, während thatsächlich der letztere oft nur einen 
kleinen Teil des ersteren ausmacht. Selbst in wissenschaftlichen Abhandlungen 
sind mitunter recht unklare Ansichten über den Gasverlust anzutreffen. Darum 
ist es der Mühe wert, denselben hier etwas eingehender zu betrachten, zumal 
da der wirkliche, durch Entweichen von Gas entstehende Gasverlust für den Tief- 
bau dadurch von besonderer Bedeutung ist, daß die entwichenen Gasmengen in das 
Erdreich, in die Kanalisationsrohre und sonstige unterirdische Hohlräume dringen 
und zu Explosionen, Vergiftungen und zum Absterben von Pflanzen Veranlassung 
geben können. 
Die Vorstellung, daß starke Undichtigkeiten eine notwendige Eigenschaft von 
allen Gasrohrleitungen seien, ist vielfach fest eingewurzelt. Z. B. nahm Professor 
Riedler, in der Ueberzeugung, daß gute Dichtungen der Rohrleitungen zuverlässig 
hergestellt werden können, zur Erklärung eines Gasverlustes von 7° eine Diffusion 
des Gases durch die Rohrwandungen an”). In einer späteren Aeußerung erklärt 
er, daß diese Annahme nur als eine Vermutung und nicht als eine bestimmte Be- 
hauptung aufzufassen sei, bleibt jedoch bei der irrigen Meinung stehen, daß „in der 
ganzen Erstreckung alter Gasleitungen der Boden mit Gas geschwängert* sei**). Es 
bedarf jedoch gar keiner gesuchten Annahmen, um den Gasverlust als dasjenige zu 
erklären, als was die englische Sprache ihn bezeichnet, nämlich als die nicht berechnete 
Gasmenge (unaccounted for gas). Eine Diffusion des Gases durch die Wandungen 
der gußeisernen oder schweißeisernen Leitungsrohre ist jedenfalls bis jetzt noch als 
ganz unerwiesen außer Betracht zu lassen. Auch die Schwärzung des Erdreiches 
in der Nähe von Gasleitungen gehört durchaus nicht zu den häufig vorkommenden 
Erscheinungen. Dieselbe tritt vielmehr nur an einzelnen Stellen auf, wo thatsächlich 
Gasentweichungen stattgefunden haben. Oft rührt auch die Schwärzung des Erd- 
reiches von der allgemeinen Verunreinigung des Bodens her, und dem Gase wird 
fälschlich die Schuld zugeschrieben. An gut verlegten Rohrsträngen findet man 
bei Gelegenheit von Kanalisationsarbeiten und Rohrauswechselungen oft auf Hunderte 
von Metern nicht eine einzige Stelle, an der das Erdreich geschwärzt wäre. Dagegen 
zeigen die alten Rohre manchmal noch nach jahrzehntelangem Liegen im Erdreiche 
den metallisch glänzenden, unversehrten äußeren Teerüberzug, in anderen Fällen 
allerdings eine stumpfe oder auch angerostete Oberfläche, ganz wie an alten Wasser- 
leitungsrohren oder anderen gußeisernen Rohren. Die Vorstellung, daß alte Gasrohr- 
leitungen mehr Gas entweichen lassen, als neue, ist jedenfalls nicht berechtigt; denn 
sonst müßte sich die Höhe des Gasverlustes nach dem Alter des Rohrnetzes richten. 
*) Zeitschr. d. Vereins deutscher Ingenieure 1891, 8. 186. 
”*) Vergl.: Sitzungsberichte des Vereins für Gewerbefleiß in Preußen 1892, 8. 324. 
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