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Die oben gezeigte Umsetzung verläuft in dieser Weise nur dann, wenn die bei dem
Prozeß zunächst entstehende Schwefelsäure genügend kohlensauren Kalk findet um sich
mit ihm in schwefelsauren Kalk, Gips, umzusetzen. Der genauere Verlauf der Umsetzung
ist deshalb in den folgenden Formeln enthalten:
Al, (80,), +3 CaCO; +6 H,O
— 2Al (OH), 3 H,80, 3 CaCO,
— 2Al (OH), +4 Ca80, +3 C0,-3 H,O.
Damit nicht Schwefelsäure im Überschuß bleibt, kann der vorhergehende Zusatz
von Kalk notwendig sein. So besitzt die Plauener Wasserreinigungsanlage, welche
weiches Talsperrenwasser reinigt, eine Härtungsanlage mit Marmorkleinschlag, über
welche das mit schwefelsaurer Tonerde zu behandelnde Wasser geleitet wird, vgl. unten.
Man kann also die entstehenden schwefelsauren Salze nicht gegen das Verfahren
ins Feld führen, da ihre Bildung verhindert werden kann.
Die verwendete schwefelsaure Tonerde ist ein künstliches Produkt, der natürliche
Alaun enthält außer schwefelsaurer Tonerde auch schwefelsaures Kalı, das im Wasser
in Lösung bleiben würde. Man verwendet deshalb stets das künstliche einfache Salz.
Jedoch besitzt dieses als gewöhnliche Handelsware einen gewissen Arsengehalt, so daß
man in vielen Fällen zu teurerem arsenfreien Material greifen wird. Welche Anforderungen
an dieses Material gestellt werden können, ist bei der unten folgenden Schilderung der
Wientalversorgungsanlage angegeben.
Die Zusatzmenge geschieht im Verhältnis 1:25000 bis 1:50000 (40 bis 20 g pro
cbm) und ist abhängig von der Natur des Rohwassers; ist diese veränderlich, so muß
es auch die Zusatzmenge sein. Hierin liegt eine gewisse Schwierigkeit, die bekanntlich
allen chemischen Verfahren eigen ist, soweit die Zusätze nicht im Überschuß gemacht
werden können.
Bitter und Gotschlich kamen übrigens zu dem Ergebnis, daß es durchaus nicht
darauf ankomme, eine ganz bestimmte Dosierung beim Alaunzusatz ängstlich einzu-
halten, sondern daß sich bei einem und demselben Rohwasser innerhalb einer ziemlich
erheblichen Variationsbreite der Alaundosis gute Resultate erzielen lassen, vorausgesetzt
nur, daß ein bestimmtes Minimum nicht unterschritten wird, das Rohwasser nicht zu
ungünstig ist und die Absitzbecken eine geeignete Anordnung besitzen.
Bezüglich der zu verwendenden Menge Aluminiumsulfat muß man sich erst durch
den Vorversuch orientieren. Man versetzt gleiche Mengen des betreffenden Wassers
mit 1, 2, 3 usw. ccm einer 2 prozentigen Aluminiumsulfatlösung und beobachtet die
Entstehung des Niederschlages, ebenso die Zeit, innerhalb welcher der gallertartige
Niederschlag sich abgesetzt hat. Die kleinste Menge Aluminiumsulfat, die innerhalb
einer bestimmten Frist von 1—3 Stunden genügt, um das Wasser zu klären, gibt einen
Anhalt für die im großen zu verwendenden Mengen des Fällungsmittels.
Ist nur die Wassermenge nicht aber seine Zusammensetzung veränderlich, so
hat man verschiedene Dosierungsmöglichkeiten. 8o ist in Alexandria ein automatischer
Alaunmischapparat in Benutzung, welcher nach dem Prinzip des Venturimessers kon-
struiert, für jeden Kubikmeter Robwasser eine bestimmte, von vornherein beliebig zu
regulierende Alaunmenge zufließen läßt und dadurch den einmal gewählten Prozentsatz
der Alaunmenge ganz unabhängig von der absoluten Ziffer der geförderten Rohwasser-
menge festhält.
Von größeren deutschen Städten, welche schwefelsaure Tonerde vor der Lang-
samfiltration verwenden, erwähnen wir Hamburg, Bremen und Plauen.
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