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In Figur 128 geben wir ein Beispiel für derartige Anlagen in einer sogenannten Moreland-
pumpe, bei welcher von jedem der drei Dampfzylinder eine Pumpe angetrieben wird. Die
dargestellte Maschine hebt 263 Sekundenliter auf 76 Meter Höhe und verbraucht nur wenig
Raum.
Von neueren großen direkt angetriebenen Pumpwerksmaschinen erwähnen wir diejenigen
im Wasserwerk Dresden-Hosterwitz (1908). Sie stammen von Mehlis und Behrens in
Berlin. Verwendet wird böhmische Braunkohle für Doppelflammrohrkessel mit Treppen-
rost und Überhitzern für 350 bis 370 Grad bei 12,5 bis 13 Atmosphären. Es sind zwei
Maschinensätze vorhanden, von denen jeder bei 60 Touren (variabel zwischen 20 bis 30
und 90 Touren bei 600 mm Hub ohne zu schlagen!) 220 PS- und 20000 Tageskubikmeter
Leistung entwickelt.
Bezüglich großer, direkt gekuppelter Dampfpumpwerke machen wir noch auf die zahl-
reichen Ausführungen von A. Borsig in Tegel aufmerksam, z. B. auf die Werke in der Gegend
von Berlin, auf die Anlagen in Lübeck, Schwerin, Bochum, Hochkirchen bei Köln usw. —
Bei großen Anlagen verursacht das Freilegen einzelner Teile oft
nicht geringe Mühe. In dieser Beziehung ist von Interesse die bei dem Wasserwerk
Canitz der Stadt Leipzig von der Sächsischen Maschinenfabrik vorm. R. Hartmann
in Anwendung gebrachte Konstruktion. Die gesamten Steuerorgane der doıt verwendeten
Kerchovedampfmaschine befinden sich an abschiebbaren Zylinderköpfen, die sich,
wie die Abbildung Fig. 129 deutlich zeigt, auf gußeisernen Führungsrahmen nach Art von
Drehbanksupporten verschieben lassen,
Das im Jahre 1912 fertiggestellte Canitzer Werk kann für eine maximale Leistungs-
fähigkeit von 50 000 Tageskubikmeter ausgebaut werden. Zurzeit stehen nur zwei von drei
Aggregaten. Die Maschinen sind liegend in Tandemanordnung, wobei auf der den Pumpen
entgegengesetzten Seite noch eine kombinierte Vakuum-, Luft- und Speisepumpe direkt
gekuppelt ist. Der Preis 62000 Mk. pro Maschine. Die Feuerung geschieht je hälftig mit
Braunkohlenbriketts und Gasanstaltskoks.
Eine interessante Konstruktion stehender Dampfpumpen ist das System, welches die
Berliner Aktiengesellschaft für Eisengießerei und Maschinenfabrikation, früher J.C.Freund
& Co., in Charlottenburg, bei einer Reihe von Pumpwerken zur Anwendung gebracht hat.
Wir geben diese Konstruktion in den Abbildungen 130 bis 133 wieder, und führen
aus den Mitteilungen der Firma hierzu folgendes Beispiel an:
Die Konstruktion der 4 für die Charlottenburger Wasserwerke gelieferten der-
artigen Pumpmaschinen von verschiedenen Leistungen zeigt die Abb. 130. Die Leistung der
Pumpe ist 466?/, sl. Die Längsachse der Pumpe ist unter einem Winkel von 1:5 gegen die
Senkrechte geneigt. Die Pumpe besteht aus 2in einem Gehäuse vereinigten Pumpenzylindern,
in welche die kleinen, federbelasteten, aus Spezialbronze hergestellten Ventile (vgl. Abb. 130),
direkt eingeschraubt sind. Der gußeiserne Plunger läuft in einer langen Führungsbüchse aus
Spezialbronze ohne Stopfbüchsenabdichtung, wodurch beim besten Wirkungsgrade jede
unnötige Reibungsarbeit vermieden wird. Der volumetrische Wirkungsgrad der Pumpe
beträgt, wie durch Versuche festgestellt wurde, bis zu 99%. Bei den Pumpen für niedrigen
Druck ist über beiden Zylindern auf der Saug- und auf der Druckseite eine gemeinsame,
gußeiserne Haube angeordnet, auf welcher oben der schmiedeeiserne Saug- bezw. Druckwind-
kessel sitzt. Bei den Pumpen für höheren Druck erhält jeder Pumpenzylinder eine besondere
Druckhaube.
Die Antriebsmaschinen (vgl. Abb. 131) entsprechen normalen Compoundmaschinen
mit unmittelbar nebeneinander liegenden Dampfzylindern, welche sich gegen einen kräftigen
Mauersockel stützen und direkt mit den verlängerten Kolbenstangen die in einem Schacht
aufgestellten Pumpen treiben. Sie sind mittels kräftiger Verbindungsstangen gegen die
Pumpenkörper selbst abgestützt. Diese Anordnung bietet den Vorteil, daß die Pumpen mit
ihrer hinteren Seite dicht an die Schachtwand gestellt werden können, und auf der vorderen
Seite reichlich Platz zur Bedienung übrig bleibt, und daß außerdem der Schacht selbst aus-
reichend durch Tageslicht erleuchtet werden kann.
Die neueren Antriebsmaschinen für die Charlottenburger Wasserwerke sind für einen
Dampfdruck von 12 Atmosphären und eine Überhitzung von 350° konstruiert. Mit diesen
Maschinen wurden bei 16 m Förderhöhe, mit 1 kg Sattdampf und 8,1 Atmosphären Über-
druck 30,4 mt geleistet und für 1 kg Dampf, bei 11,5 Atmosphären Überdruck und 350°
Überhitzung bei 24m Widerstandshöhe 41 mt gewährleistet.