Es lässt sich wohl kaum verkennen, dass die elektrische
Kraftübertragung alle übrigen Leistungen der Elektrotechnik
überflügelt hat. Elektrische Uebertragungen und Verteilungen
von Arbeit auf grofse und kleine Entfernungen sind in fast
allen Ländern etwas ganz Gewöhnliches geworden. Für den
Strafsenbahnbetrieb bedeutet der Elektromotor einen mächtigen
Aufschwung, und bereits hat er auch vereinzelt für Vollbahnen,
und zwar zum teil unter ausnahmsweise schwierigen Ver-
hältnissen, erfolgreiche Verwendung gefunden. Der elektrische
Antrieb von Bergwerksmaschinen, von Hülfsmaschinen auf
Schiffen, von Arbeitsmaschinen in den verschiedensten Werk-
stätten und insbesondere auch von Hebezeugen aller Art ist
stetig im Zunehmen begriffen, obwohl nieht zu leugnen ist,
dass diese Betriebe eine lange Reihe von Kinderkrankheiten
zu überwinden hatten und sich sicherlich auch heute noch
nicht zu der Vollkommenheit entwickelt haben, deren sie
fähig sind.
In den letztvergangenen Jahren haben die Aufzüge für
Gasthöfe und andere grofse Baulichkeiten sich ungemein
rasch entwickelt und ausgedehnt; in NewYork z. B., wo Auf-
züge mit 1000 täglichen Fahrten zu finden sind, werden
mehr Personen senkrecht in Aufzügen als wagerecht in
Strafsenbahnen befördert. Die riesigen Geschäftsgebäude in
Chicago und NewYork, die sogenannten sky scerapers, wären
ohne zahlreiche Personen- und Warenaufzüge gar nicht lebens-
fähig. Ferner haben viele bedeutende Häfen der Welt neuer-
dings ihre Kranparke ganz beträchtlich vergröfsert und
verbessert, oder sind im Begriff, dies zu thun. Bei diesen
Anlagen ebenso wie bei Aufstellung zahlreicher Fabriks- und
Schiffskrane tritt die Frage des elektrischen Antriebes in an-
betracht der vielen bereits vorhandenen städtischen und
anderen Elektrizitätswerke für Licht- und Kraftabgabe aller-
orten in den Vordergrund. Grundbedingung eines siche-
ren und einwurfsfreien Betriebes elektrischer Hebezeuge ist
nun neben gründlicher Durcharbeitung des mechanischen
Teils zweckmäfsige Bauart der Motoren und sachgemäfse An-
bringung aller erforderlichen Hülfs- und Sicherheitsvorrich-
tungen. Für den letzteren Zweck eignet sich die Elektrizität
in einer kaum zu übertreffenden Weise, da sie in beliebig ge-
spaltenen Stromkreisen jedwede Bewegung oder Feststellung
innerhalb kürzester Frist einzuleiten vermag.
Für eine gedeihliche Entwicklung dieses jungen Zweiges
des Maschinenbaues ist es angezeigt, dass der im allgemeinen
Kran- und Aufzugbau erfahrene Maschineningenieur sich auf
dem einschlägigen Gebiete der Elektrotechnik möglichst
oründliche Kenntnisse erwirbt. Es dürfte dies zum aller-
mindesten sein Zusammenarbeiten mit den elektrotechnischen
Firmen wesentlich fördern. Hierzu einige Anregung zu geben,
ist der Zweck nachstehender Ausführungen.
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1) Die für eine gröfsere Anzahl von Hebezeugen erforderliche
elektrische Energie lässt sich entsprechend den hydraulischen
Betrieben in einer Zentralanlage durch grofse Maschinen er-
zeugen; die hieraus zu erzielenden Vorteile dürfen ‘als be-
kannt vorausgesetzt werden. Hervorzuheben ist, dass sich
weit gröfsere Gebiete elektrisch als mit anderen Uebertragungs-
mitteln versorgen lassen, insbesondere bei Benutzung von
Gleichstrom von rd. 500 V Spannung oder gar von hoch-
gespanntem Drehstrom mit Transformatoren-Unterstationen, in
welchem Falle der Versorgungskreis beliebig grofs sein kann.
Die Anlagekosten elektrischer Leitungsnetze sind mälsig, die
Leitungsverluste unerheblich, die Verteilung ist äufserst an-
passungsfähig, erfordert wenig Zubehör, gestattet bequeme
Abzweigungen und Erweiterungen nach entlegenen Verbraucl-
stellen und zu den höchsten Stockwerken; Ausbesserungen
lassen sich leicht und rasch bewerkstelligen, gegen Feuchtig-
keit, Frost und andere atmosphärische Einflüsse sind gut
montirte Leitungen, ob unter- oder oberirdisch verlegt, so
gut wie unempfindlich. Es dürfte allgemein bekannt sein,
dass im Gegensatz hierzu hydraulische Leitungen sehr sorg-
fältig zu montiren sind, Kanäle von ganz erheblichen Ab-
messungen erfordern und gegen Frost peinliche Schutzmals-
regeln notwendig machen, und dass. Ausbesserungen häufig
lange dauernd und schwierig sind.
2) Die Stromerzeuger für die vorliegenden Kraftver-
teilungen unterscheiden sich wenig von den sonst übli-
chen. Im allgemeinen ist es zweckmälsig, bei gleichzei-
tiger Licht- und Kraftabgabe getrennte Stromerzeuger auf-
zustellen oder womöglich keine Motoren von mehr als !/ao
der Generatorleistung in die Lichtleitung zu legen, aulser-
dem die Stromerzeuger reichlich zu bemessen, um Erwär-
mung und Funkenbildung bei der veränderlichen Belastung
zu vermeiden. In umfangreichen Anlagen ziehe man eine
gröfsere Anzahl kleiner Maschinensätze, die nach 3edarf zu-
und abgeschaltet werden können, einer oder wenigen grofsen
Maschinen vor. ;
Bei Gleichstrombetrieb bietet sich als vorzügliches Aus-
oleichmittel der Betriebschwankungen eine Akkumulatoren-
batterie, eine sogenannte Pufferbatterie, die mehr für erheb-
liche augenblickliche als für langdauernde Entladungen zu
berechnen ist. Dem hydraulischen Akkumulator gegenüber
befindet sich indessen der elektrische, wenigstens in seiner
jetzigen Anordnung, ganz entschieden im Nachteil. Jener ver-
zehrt so gut wie keine Arbeit, ist sehr elastisch, d. h. er füllt
und leeri sich in weiten Grenzen und innerhalb äufserst kurzer
Zeiträume, arbeitet vollständig selbstthätig und lässt sich be-
yuem irgendwo in die Leitung einfügen, ohne gerade zu viel
Platz in Anspruch zu nehmen. Die elektrischen Akkumulatoren
nehmen hingegen einen verhältnismäfsig grofsen Raum ein,
haben keinen hohen Nutzeffekt (etwa 70 bis 85 pCt), ihre
Entladungsgrenzen sind der Menge und Zeit nach beschränkt,
ihre Spannung lässt mit der Entladung allmählich nach, bei
angestrengter Benutzung verändern sie unter Umständen ihre
Zusammensetzung und werden unbrauchbar, die Ladezeit
dauert etwas lange, und die Bedienung erheischt Sorgfalt.
Im wesentlichen verwendet man in den Kraftstationen
Nebenschlussmaschinen, auf denen eine zusätzliche Reihen-
wicklung, um die Spannung konstant zu erhalten, sehr an-
gebracht ist; nur ist, falls Akkumulatoren damit zu laden
sind, eine Vorrichtung vorzusehen, um die Zusatzwicklung
kurzzuschliefsen oder abzutrennen. Die Vereinigungspunkte
zwischen Bürste und. Anfang der Reihenwicklung derartiger
parallel geschalteter Doppelschlussmaschinen sind durch eine
Ausgleichleitung von ganz geringem Widerstande zu verbinden;
am einfachsten macht man den Maschinenausschalter dreipolig
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