Full text: Beiträge zur physischen Anthropologie der Deutschen, mit besonderer Berücksichtigung der Friesen

         
  
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
   
  
   
  
    
   
   
   
   
  
  
  
  
  
  
  
      
     
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
310 Vırcuow: Beiträge zur physischen Anthropologre 
drie, kaum prognath, mit grofsen Zahnlöchern. Gaumen breit, Zahncurve 
hufeisenförmig. 
Diese Mittheilungen können bei der geringen Zahl der zur Unter- 
suchung gelangten Schädel keine andere Bedeutung haben, als dafs sie 
einerseits den Nachweis von dem Vorkommen chamaecephaler Formen 
tief im Innern des Landes liefern, andererseits an diesen Schädeln 
wichtige Abänderungen der übrigen Merkmale lehren, wie wir sie bei den 
nördlicheren Stämmen nicht fanden. Möglicherweise ist darın der fort- 
schreitende Mischungsprocefs mit anderen Stämmen angedeutet. Nament- 
lich der Schädel von Hameln kann recht wohl als ein solches Mischungs- 
produkt angesehen werden. Weitere Untersuchungen mögen darüber ent- 
scheiden. 
Leider ist die Zahl der bekannten Schädel aus Gräberfunden der 
Provinz Hannover sehr klein. Aufser dem schon erw ähnten Reihengräber- 
felde von Rosdorf bei Göttingen (8. 51) ist noch ein anderes von Bohl- 
sen bei Uelzen zu erwähnen, über welches ich!) früher berichtet habe. 
Wie es scheint, stimmen beide in Hauptstücken, wenigstens was den 
Schädelbau der Bestatteten betrifft, mit einander überein. Es sind doli- 
chocephale Formen mit mäfsiger Höhe der Schädel, welche weder den 
westfälischen, noch den friesischen gleichen. Höhen-Indices unter 70 sind 
weder in Rosdorf, noch in Bohlsen beobachtet worden. Ihr Typus gleicht 
viel mehr demjenigen der fränkischen Reihengräbeı 
Möglicherweise macht in dieser Richtung die Weser eine Grenz- 
linie aus. Ankum, welches bis jetzt der südöstlichste Punkt ist, bis wohin 
wir die friesische Form verfolgen können, liest zwischen Weser und Ems, 
stidlieh nieht weit von Frisoithe und westlich ziemlich nahe an der Graf- 
schaft Diepholz, bis wohin historische Nachrichten friesische Ansiedelun- 
gen verlegen (8. 25). 
In anderen Richtungen mögen sich, im Anschlusse an die Coloni- 
sationsbewegung des 12. Jahrhunderts, ungleich weiter reichende Bezie- 
1) Verhandlungen der Berliner anthropologischen Gesellschaft. 1874. 8. 32. 
Zeitschrift für Ethnologie Bd. 6. Man vergleiche auch J. H. Müller in der Zeitschrift 
des historischen Vereins für Niedersachsen. Hann. Jahrg. 1873. 8. 331. 
  
  
  
 
	        
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