Full text: Beiträge zur physischen Anthropologie der Deutschen, mit besonderer Berücksichtigung der Friesen

   
     
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
   
  
    
  
  
  
  
  
316 Vırcmow: Beiträge zur physischen Anthropologre 
hervorgebracht sei, indels ist die Vergröfserung eine so harmonische, dafs 
diese Schädel der eigentlichen Kephalonie mindestens sehr nahe kommen. 
Dabei muls ich überdies bemerken, dafs wir einen histologisch sicheren 
Nachweis von dem Vorkommen einer rein oder wenigstens wesentlich 
nervösen Hirnhyperplasie überhaupt noch gar nicht besitzen, und dafs 
sehr leicht die Erfahrung ergeben könnte, dafs auch die wahre Kepha- 
lonie zum grolsen Theil durch Zunahme der Neuroglia bedingt ist. 
Meine Aufmerksamkeit auf diese grofsköpfigen Formen wurde in 
bestimmterer Weise zuerst rege durch Erfahrungen, welche ich bei dem 
Studium der altbelgischen Schädel machte.1) Es waren vor allen die Schä- 
del aus der merkwürdigen Höhle von Sclaigneaux, die ich in Namur sah, 
und die sich zugleich durch ihre auffällige Brachycephalie von den an- 
deren belgischen Höhlenschädeln unterschieden; sodann traf ich einzelne, 
sleichfalls brachycephale Gräberschädel der älteren historischen Zeit, und 
schliefslich auch einen modernen Schädel von Herstal, dem alten Meier- 
sitze der Franken. Schon damals habe ich an die Steinsargschädel von 
Bandt angeknüpft. Allein für eime Entscheidung reicht auch gegenwärtig 
das Material nicht aus. Unter den Schädeln von Selaigneaux finden sıch 
auch niedere Formen: bei einem derselben berechnete ich einen Höhen- 
Index von nur 70,6 und einen Breiten-Index von 81,6. Aber ein anderer 
ergab einen Höhen-Index von 73,7 bei einem Breiten-Index von 88,1. Am 
wenigsten stimmte der Schädel von Herstal mit den friesischen Ohamaece- 
phalen, denn sein Höhen-Index berechnete sich auf 76,1. 
Hr. Dupont?) hat den Werth dieser Erfahrungen dadurch zu 
schmälern gesucht, dafs er die Abflachung des einen Schädels von Selai- 
gneaux auf eine künstliche Deformation bezogen hat; die Grölse des Schä- 
dels war er später nicht abgeneigt, der Hydrocephalie zuzuschreiben. 
Letzteres ist wohl nur ein Mifsverständnils. Aber auch Merkmale einer 
künstlichen Druckwirkung habe ich an den Schädeln von Sclaigneaux 
nicht bemerkt. Jedenfalls würde man durch keinen Druck eine Ver- 
gröfserung des Schädelraums herbeiführen können; das Aeulserste, was 
1) Archiv für Anthropologie. 1873: Bd. VI. 8. 9%. 
2) Congres international. 6”° session. Bruxelles 1877. p. 559. 7”® session. 
Stockholm p. 316. 
  
  
  
 
	        
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