Full text: Die weiße Frau

  
befand fich in dem Haufe der fehr achtbaren Familie des Baron v9n ©. ..... d 
in Ansbach und fpäter in Erlangen eine Somnambule, welche in ihrem 
magnetifchen Schlafe fich für berufen erklärte, der Seele der Gräfin Cuni- 
gunde von Orlamünde Ruhe zu ſchaffen. Die Kranke ſtand zur Familie 
von S. in einem dienenden Verhältniſſe; ſie war ein einfaches Mädchen 
von fittlihem Werte und einer ſtreng religiöſen Richtung, wahrheits- 
liebend und ſcheinbar frei von Überſpannungen, #o daß der Verdacht einer 
abſichtlichen Täuſchung nicht aufkommen konnte. Dieſes Mädchen hatte 
von jener Sage gehört; ſie ſollte, wie man ihr erzählt, eine auffallende 
Ähnlichkeit mit dem Bilde der Weißen Frau in der Eremitage von Bay- 
reuth haben, und ſie verſicherte, daß ihre Mutter oder Großmutter eine 
natürliche Tochter eines Markgrafen von Brandenburg-Ansbach oder 
Bayreuth geweſen ſei. Mehrere Ärzte in Erlangen haben die Kranke be- 
obachtet und über ihren Zuſtand geſchrieben; auh Hufeland. Unmittelbar 
80r ihrer plöglichen Geneſung hatte man im Krankenzimmer einen ſcheinbar 
zweiftimmigen Geſang und drei laute Schläge vernommen, worauf die 
Kranke die arme Seele der Gräfin Orlamünde für erlöft und fich für wieder; 
hergeſtellt erflärte. Sie vermied es gern, über ihre Krankheit zu ſprechen, 
hat ſtets einen tadelloſen Wandel geführt und lebt noch jeßt in Ansbach.“ 
Auffallender als alle früheren Erſcheinungen iſt die, die der Prinz 
‚. Louis Ferdinand, der am 10. Dftober 1806 in dem Gefecht bei Saalfeld 
© fiel, am Vorabend der Schlacht im Schloß zu Rudolſtadt erlebt hat, und 
von der ſein Adjutant, Graf Carl von Noſtiz, in feiner Selbftbiographie 
berichtet.) Ein Auszug folge bier: 
„Verſetzen wir ung jeßt wieder in den Abend vor der Schlacht bei Saal; 
feld zurüd und dringen in einen der Säle des Schloſſes von Rudolſtadt 
ein. Alle Offiziere des Generalſtabes waren dort verſammelt, eine Tafel 
war gede>t, man erwartete die Nüdfehr des Prinzen, der am Morgen fort- 
geritten war, um die neueſten Befehle des Herzogs von Braunſchweig ent- 
gegenzunehmen. Unſere Ungeduld war um ſto lebhafter, als der Prinz 
entſcheidende Nachrichten mitbringen mußte und da jeder von uns die Un- 
tätigkeit ſatt hatte, die ſeit mehreren Monaten andauerte. ... Wir zählten 
die Stunden, die Minuten mit der lebhafteſten Ungeduld. Um acht Uhr 
verkündete uns das Geräuſch der Schritte mehrerer Pferde die Ankunft 
Seiner Hoheit... 
„Zu Tiſch, meine Herren“, ſagte der Prinz zu uns, „mich verſchlingt der 
Hunger. Ich habe Ihnen eine Nachricht zu verkündigen, von der Sie entzückt 
ſein werden. Danken wir Gott, morgen beginnen die Feindſeligkeiten, und 
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