Full text: Die weiße Frau

  
3, Das Ausſehen der Weißen Frau. 
Die Weiße Frau wird ung durchweg mit einem weißen Gewande 
bekleidet geſchildert. Und zwar iſ ſie, wie „Die Ausführliche und Grund- 
richtige Beſchreibung des ganzen Elbſtromes“ (Nürnberg 1677) und die 
„Srühlingsrelation” (Relationis Historicae semestralis continuatio. 
Srühlingsmeffe 1629) berichten??), ſo tief verhüllt, daß nur Augen und 
Naſe ſichtbar ſind. Von den mit weiten Ärmeln bede>ten Armen und 
gefalteten Händen iſ nichts zu ſehen. Andere Gelehrte wie Balbinus und 
Slavata?*) fetten hinzu, die Weiße Frau ſei blaß, {ön, \{lank und von 
mittlerer Größe. Freilich we<ſelte und vermehrte ſie bei ihren Erſcheinungen 
mehrfach ihre Garderobe. Sie trug Spigenbeſaß und Handſchuhe: die 
einen wollten beides weiß, die anderen ſ{warz geſehen haben. Wenn ſie 
mit {warzen Handſchuhen und Spiten auftrete, ſage ſie Unglü> an, wenn 
mit weißen, dann Gutes oder überhaupt nichts. Die Kurfürſtin Luiſe 
Henriette erbli>te ſie 1667 an ihrem Schreibtiſch ſizend — nach der da; 
maligen Mode friſiert und in Atlas gekleidet ! 
Vor dem Ableben Friedrich Wilhelms IL im Jahr 1797 \ah der 
wachthabende Poſten vor den Gemächern des Königs das Geſpenſt um die 
Mitternachtsſtunde. Es trug nach der Beſchreibung des Poſtens ein weißes 
ſ{leppendes Gewand; von ſeinem Scheitel fiel ein Nonnenſchleier herab, 
und darunter quollen blonde, mit Perlenſ<hnüren umwundene Lo>en 
hervor. In der rechten Hand trug die Weiße Frau einen Spinnroden, in der 
linken eine weiße He>enroſe, an der Seite klirrte ein großes Schlüſſelbund. 
Ihr Antliß war weiß wie Kalk, aber fchön und fanft. Unhörbar fehwebte 
ſie an dem vor Grauen erſtarrten Poſten vorbei und verſ<wand durch die 
verſchloſſene Tür in dem Zimmer des Königs. 
Das Bildnis der Weißen Frau laſſen ſi intereſſierte Beſucher Bay- 
reuths noch heute vorführen. Im der Eremitage, dem entzüdenden Garten; 
{loß, das fi Friedrichs des Großen Schweſter, die Markgräfin von 
Bayreuth, als ihr Sansſouci einrichtete, hängt .das Porträt einer älteren 
Dame im weißen Schäferinnenkleid aus dem Ende des 17. Jahrhunderts, 
das als Bild der Weißen Frau gläubigen Hörern ausgegeben wird. Es 
hat fich aber als Bildnis der Markgräfin Sophia-Louiſe von Brandenburg- 
Kulmbach, die 1702 verſtorben iſ, erwieſen.2*) Dieſes Bild konkurrierte 
lange mit einem anderen Bild im Neuen Nefidensfchloß, das die Weiße 
Frau in einem dunklen mit Pelz befesten Kleid und einer Kappe, deren 
weißer Beat über die Stirn herabfällt, zeigt; e8 iſt aber no< jüngeren 
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