Full text: Die weiße Frau

Feld Advokaten in Suhl, die zu Lebzeiten feindliche Geſinnung gegeneinander be- 
) feſt fundeten, no< regelre<t um Mitternacht auf dem alten Friedhof 123) fo 
ilden erſcheint der Geiſt der Frau Weber in Brotterode, die in ihrem Geize die 
tfehr Leute beim Wiegen betrogen hatte, indem ſie vor ſi hinſagt: „Ich habe 
rfani die Leute betrogen, dreiviertel für ein Pfund gewogen.129 
den Wie der tote Helgi der Edda \ſi< im Grabe ſogar ¿um Conubium mit 
nme, ſeiner lebenden Gattin Sigrun vereinigt und wie in der Volksſ\age die tote 
Benn Edelfrau einfa< ins Haus zurü>kehrt, hier regiert, ißt und trinkt, bei 
‚liebe ihrem Manne {läft und mit ihm Kinder zeugt,125) ſo muß noch jeßt bei 
Zur den Eheleuten in Togo die Trauernde während der ganzen Drauerzeit 
ſtets mit einem Knüppel bewaffnet ſein, um den verſtorbenen Gatten 
‚sten verſcheuchen zu können, da ein ehelicher Verkehr oder ſonſtige Gemeinſchaft 
ÿ im mit dem Verſtorbenen den Tod des überlebenden Gatten nach ſich zieht.126) 
h in Auch kehren die toten Mütter — wenigſtens 6 oder 8 Wochen — wieder, 
| das um ihre Heinen Kinder zu baden und zu ſtillen, wobei deutlich das behagliche 
Find- Saugen des Kindes zu vernehmen iſt,127) Genau fo erſchien die Weiße 
‚der Frau in Neuhaus, angeblich Berta von Roſenberg, dem legten Roſenberger 
präs Peter Wok (geboren 1539); ſie kam faſt täglich zum Säugling; wenn die 
£, if Amme ſ{lief, nahm ſie ihn auf den Arm und wiegte ihn, wenn er weinte. 
Hinter der Wand, wo die Weiße Fran verfchwand, fand Peter ſpäter einen 
erlich foftbaren Schab.!?) In gleicher Weife erſchien der verſtorbene (weimarifche) 
aben, Geiftliche im Sterbefkleide ſeiner Frau an einer Stelle, wo ſie dann einen 
wenn in der Wand verborgenen Schoß fand.!29) 
Sarg Der alte und weitverbreitete Brauch, dem Verſtorbenen drei Hände 
n die oder Schaufeln voll Erde ins offene Grab nachzuwerfen, iſ ein leiſer Nach- 
egten flang an die einſt von allen Anweſenden eingehaltene Pflicht, den Toten 
Reiſe- mit Steinen oder Erde zu bewerfen und ſo unſchädlich zu machen. Der 
führt ſoziale Charakter dieſes Brauches, wonach alle Anweſenden an der Be- 
8 bei ſtattung mitzuwirken hatten, iſt aber auch bei der heutigen Form ſymboliſch 
ieſen beſtehen geblieben. Daß nicht Pietät, ſondern Abwehr aus Selbfterhaltungs; 
volle trieb der entſcheidende Faktor für die Hinterbliebenen war, beweiſen auch 
hicht- noch die vielfachen Begräbnisbräuche,30) die heute als ganz harmloſe 
i Sitten empfunden werden; aber mit all ihren Vorſichtsmaßnahmen laſſen 
men, ſie doch die Furchtvorſtellungen der Lebenden und ihre Abwehrmittel no< 
Bibel deutlich erkennen: die Totenwache, die nicht bloß dem Schutze des Toten, 
und fondern noch mehr dem Schuße der Lebenden gegen den Toten galt; dag 
derb Ä Hinaustragen des Sarges in der Weiſe, daß der Tote nicht zurüdblidt; 
jalige das Schließen der Fenſter, das dreimalige Niederſeßen der Leiche oder das 
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