Full text: Die weiße Frau

   
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Nicht die Orlamünderin, ſondern Bertha von Roſenberg iſt's, die als 
Weiße Frau den romantiſchen Erzählungen und Novellen zugrunde liegt, 
wie wir ſie haben von Benedikte Naubert, Volksmärchen der Deutſchen 
(1789—93; Band IV, S. 95—154: Die Weiße Frau), von Karoline von 
Wolt mann, Neue Volksmärchen der Böhmen (Halberſtadt 1821, S.1—118: 
Die Weiße Frau) und von Alberts, Sagen und Märchen der Vorzeit 
(S, 415—52: Die Weiße Frau). Es handelt ſi< um freie Dichtungen, die 
fih von dem Kern der Sage weit entfernen. 
Wenn man nach Berichten und Familiennachrichten urteilen darf, iſ 
von größter Wirfungskraft das ſchon erwähnte lange Gedicht: „Die Weiße 
Frau in ſieben Balladen“ geworden, das Chriſtian Graf zu Stolberg 1814 
verfaßt hat. Er hat die Gräfin von Orlamünde im Auge; aber nicht in 
Kunigunde, ſondern in Agnes, der Witwe Ottos des Jüngeren (IL), fieht 
er die Kindermörderin. Vom Grafen zu Stolberg iſ beeinflußt Auguſt 
Graf von Platen, der im 5. Aft ſeines Luftfpiels „Die verhängnisvolle 
Gabel“ Mopſus die Weiße Frau zitieren läßt: 
Mopfus: „a, ich fterbe; ja, mich drü>t die Schuld und kneipt 
die Sünde, 
Meine Kinder flach ich felbft ab, wie die Gräfin 
Orlamünde: 
Dieſe läßt als Weiße Frau nun ihr Schlüſſelbündel 
follern, 
Wenn ein Fle> ſich ſoll verdunkeln an der Sonne 
Hohenzollern“. 
Im Januar 1844 verſucht ſi< Freiligrath mit dem Stoffe, dem er 
der Zeit entſprechend einen politiſchen Hintergrund gibt, in den Zeitgedichten 
„Die Weiße Frau“ und „Vom ſüßen Brei“, Die Weiße Frau erſcheint 
dem Fürſten; wie ſie ihre Kinder in Orlamünde ermordet habe, ſo würde 
er auch ein lächelndes Kind, das Vertrauen des Volkes, morden. Und 
in der „Fortſezung des Vorigen“: „Vom ſüßen Brei“ fnüpft er an die 
Geſchichte der im Gedicht nicht genannten Bertha von Roſenberg an. Das 
Geſpenſt erzählt ihm von der Stiftung des ſüßen Breies und fordert ihn 
zwiſchen den Zeilen auf, die dem Volke verſprochene Verfaſſung zu geben :152) 
„Es gab dir Blut, es gab dir Schweiß 
Und wird dir, was es gab, nicht ſchenken! 
D, wolle doch des ſüßen Breis, 
Den du verſprochen, bald gedenken ! 
    
   
    
   
    
   
    
   
   
   
   
   
   
   
  
   
    
   
    
    
    
  
  
  
  
   
   
  
   
	        
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