Full text: Volkskunde des Kreises Altenkirchen

  
58 
  
Sitte und Brauch im Kreislauf des Lebens. 
Freude und Dank, Hoffen und Bangen begleiten wie 
bei Saat und Ernte jo auch das Leben des Wenſchen von der 
Wiege bis zum Sarge. Wie man ſorgt und hofft, wenn die 
Körner der Erde anvertraut ſind, ſo ſorgt und bangt man 
auh ſhon um das Kind, bevor es das Licht der Welt 
erbli>t, wo es noh vor allem von ihm gilt: „Ihm ruhen 
noch im Zeitenſchoße die ſhwarzen und die heitren Loſe“. 
Woher? die große Frage aller Menſchenkinder tritt uns 
zuerſt entgegen. Woher kommen die Kinder? Plözlich ſind 
ſie da, überraſchen die Mutter mit einer Krankheit und be- 
dürfen großer Pflege. Ihre Herkunft ift nach dem Glauben 
der Kinder verſchieden. In vielen Fällen bringt fie der 
Klapperſtorch, der dazu noh häufig die Mutter in das Bein 
beißt, daß ſie das Bett hüten muß, oder die „Frau“ bringt 
ſie in ihrer Taſche auf Beſtellung von Mutter und Vater. 
Die ‘Frau findet fie im Weiher, im Brunnen, im Entepuhl, 
alten Schächten, hohlen Eichen, Buchen und dgl. Weiſtens 
iſt es ein beſtimmter Baum, ein beſtimmter Brunnen uſw. 
So kommen ſie in Schönſtein aus der di>en Eiche bei Siegen- 
thal, aus dem Müllers Weiher (Winnersbach), aus dem 
Hilgenborn (Elkenroth), aus dem Börnchen bei Büdenholz 
(Brachbach), aus dem Höwerſchacht (verlaſſener Schacht bei 
Hufe) (Epgert) uſw. In Saſſenroth erhält Fante Martha 
öfters einen ganzen Wagen voll aus Köln und hat es ſo 
bequemer als die Tante in Steinebach, die die Kinder aus 
dem Brunnen oder aus dem Schornſtein holt. In dieſem 
Zuſammenhang kennt man dort die Redensart: „der Schorn- 
ſtein iſt eingefallen“. 
Wenngleich jedes Kind angenehm iſt, fo iſt do< im 
allgemeinen die Freude über die Geburt eines Knaben 
größer als über die eines Mädchens. Bei der Geburt eines 
Knaben iſt ein „Prinz angekommen“, bei der eines Mädchens 
ſagt man: „Es iſt ja nur ein Strömpeflutſcher“ (Frieſenhagen). 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.