Full text: Kreis Offenbach (A, [1])

  
  
  
Phurm 
Langhaus und 
Chor 
Altäre und Hoch- 
altargemälde 
KREIS OFFENBACH 
Der an die Westfront des Bauwerkes sich anlehnende gofhische T’hurm ist 
von gewöhnlicher Werktechnik und steigt in drei, durch kleine Fenster markirten 
Geschossen an, von denen das unterste auf einem Mauersockel mit leicht gekehltem 
Wasserschlagsims aus buntem Sandstein ruht. Das mittlere Geschoss hat bescheidene 
Lichtöffnungen in Rundbogenformen, wie solche im Stadium der Spätgothik nicht 
selten auftreten. Das Obergeschoss dient als Glockenhaus und ist theils von recht- 
eckigen, theils von spitzbogigen Schallfenstern durchbrochen, deren Pfosten und Fisch- 
blasenmasswerk über die Entstehung im 15. Jahrhundert keinen Zweifel lassen. Die 
Bedachung des Thurmes wird durch zwei sich durchdringende Satteldächer bewirkt, 
wodurch auf den Seiten vier, von paarweise geordneten, kunstlosen Spitzbögen belebte 
Giebeldreiecke entstehen, aus denen als Bekrönung des Ganzen der IT'hurm emporwächst. 
Die unklare Neuerungslust eines modernen Restaurators hat in die Oeffnung eines 
der Giebeldreiecke eine Säule mit romanischem Würfelkapital gestellt, ein stylistischer 
Anachronismus, welcher sich in der durchaus gothischen 'Thurmarchitektur seltsam 
ausnimmt. — Auf der Westseite des Thurmes führt ein spitzbogiger Eingang in 
das Untergeschoss, welches als Vorhalle dient. Der quadratische Raum ist von 
einem Kreuzgewölbe bedeckt, dessen Rippen, in Hohlkehlenschweifung mit ab- 
gerenzendem Plattstab, ohne Konsolenvermittlung aus den Ecken der Halle auf- 
steigen und dessen Schlussstein zwei durch eine Welle getheilte Rosetten in wappen- 
artiger Zusammenstellung schmücken. Ein Zugang mit Rundbogenschluss verbindet 
die Vorhalle mit dem Inneren des Langbaues. 
Sowohl das einschifige Zanghaus wie der geradlinig abschliessende Chor 
sind flach eingedeckt und im Ganzen architekturlos. Höchstens die Karniesbildung 
am Kämpfergesims des den Triumphbogen stützenden Pfeilerpaares verräth einen 
klaren stylistischen Zug. Die Dürftigkeit des Innenbaues kann nicht befremden in 
Anbetracht der Zerstörung und Wiederaufrichtung dieser Bautheile in der bedräng- 
nissvollen Zeit des dreissigjährigen Krieges. 
Der Hochaltar deutet in seinen Formen auf das 17. Jahrhundert. Korinthi- 
sche Säulen steigen an den Seiten empor und tragen die von gebrochenen 
Giebelbögen eingefasste Bekrönung, deren Abschluss ein plastisches Medaillon mit 
dem Namen Jesus in einem Strahlenkranz bildet. Die Mitte des Altaraufsatzes 
nimmt ein Gemälde ein, welches durch die Schönheit seiner Komposition und 
seines leider durch die Ungunst der Zeit beeinträchtigten Kolorits Alles hinter 
sich lässt, was man sonst an Altarblättern in Landkirchen zu sehen gewohnt ist. 
Das Werk, ein fast lebensgrosses Kniestück, mag mit dem Altar gleichaltrig sein. 
Wir sehen Christus und Thomas von Aposteln umgeben. Die Gestalt des aufer- 
standenen Heilandes ist voll Adel und Majestät. Thomas ist mit dem Ausruf 
mein Herr und mein Gott« in die Knie gesunken, und die Ueberzeugung des 
Apostels, den wiedererstandenen Meister vor sich zu sehen, erscheint mit Kraft 
und wie durch Inspiration ausgedrückt. Die übrigen Jünger stehen umher und 
schauen erstaunt auf die Hauptgruppe. Der Farbenauftrag ist von freier Behand- 
lung, das Impasto durchweg vortrefflich. Der unbekannte, sehr achtbare Künstler, 
welcher augenscheinlich nach den besten niederländischen Malern des 17. Jahr- 
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hunderts sich gebildet, aber auch italiänischem Einfluss nicht fremd 
    
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
   
   
    
   
    
  
    
   
   
  
   
  
    
  
   
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