Full text: Kreis Offenbach (A, [1])

  
  
  
Erker 
KREIS OFFENBACH 
  
  
An der Nordfronte des Isenburger 
  
  
Schlosses ist besonders der mittlere Erker 
reich an Örnamentation nach gothischen 
Gesetzen. (Vergl. Abb. Nr. 32.) An seinen 
drei Geschossen sind die Flächen unter- 
halb der Fensterbrüstungen mit spätgothi- 
schem Blendmasswerk übersponnen und zwar 
die obere und untere Brüstung mit wohlgebil- 
deten Fischblasenformen, die mittlere Brüstung 
hingegen mit Dreipässen, die in ihren Scheitel- 
punkten sich berühren und zierliche Wappen- 
schilde umschliessen. An dem auf kräftigen 
Konsolen ruhenden kleineren Erker am halb- 
runden Westvorbau besitzt das Masswerk bei 
weitem nicht die gleiche Formenreinheit, son- 
dern zeigt in den verworrenen Bildungen 
mannigfach sich durchschneidender Linien- 
züge eine völlige Abwesenheit des Stylge- 
fühls und damit die Grenze reiner gothisi- 
render Ueberlieferung. — Ueber die Beschaffen- 
heit der Nordfassade um die Mitte des 17. 
Jahrhunderts gibt Matthäus Merian’s Prospekt 
der Stadt Offenbach von 1646 (Topographia 
Hassiae S. 97) belehrende Aufschlüsse und 
zugleich ein viel monumentaleres Bild der 
Uferfronte als der Schlossbau von heute. 
Während jetzt der Haupterker und die halb- 
runden Vorbauten zu Gunsten des monotonen 
jüngeren Obergeschosses und seiner Mansard- 
J oO t 
  
Bedachung torsoartig endigen, gibt Merian’s 
Fig. 32. Tafel (vergl. Fig. S. 135) das Bild einer stolzen 
Offenbach. Schloss: Erker an der Nordseite 
Aufgipfelung, insofern der Erker von einem 
nach Manchot. 
wirkungsvollen Giebel bekrönt ist, welchen ein 
noch reicheres Giebelpaar im Dachwerk des Langhauses flankirt. Die halbrunden Vor- 
bauten aber gehen auf der Höhe ihrer gegenwärtigen Abstumpfung in Oktogon- 
geschosse über, die frei als Thürme emporragen und aus deren ebenfalls mit 
Giebelungen versehenen Kuppeldächern schlanke Laternenthürmchen aufsteigen. 
Die Pracht der Aufgipfelung wird auf dem Prospekt noch gemehrt durch einen 
hinter dem Dachfirst, also auf der Südseite des Baukörpers aufsteigenden, macht- 
vollen, ebenfalls in Renaissanceformen abschliessenden Rundthurm, von dem heute 
kein Stein mehr auf dem andern steht und der im Bilde den Eindruck macht, als 
habe er in den ehemals das Schloss umgebenden Vertheidigungswerken die Rolle 
des Bergfried eingenommen. Auch über den Schmalseiten des Hauptbaues erhoben 
sich stolze Giebelungen. An der Ostseite, die seit der Strassenführung nach dem 
    
  
     
      
    
   
      
   
  
  
   
   
  
   
     
    
     
     
   
    
      
    
   
   
      
     
   
    
   
    
     
   
   
   
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