Full text: Kreis Offenbach (A, [1])

   
  
  
168 KREIS OFFENBACH 
unter dem Konsulate des Cilo und des Libo«. Die Aufstellung des Votivsteines 
wird in das Jahr 204 n. Chr. zu setzen sein, in welchem Lucius Fabius Cilo und 
Marcus Flavius Libo als Konsuln vorkommen. Die Wegmeisselung des Namens 
des Cäsars Geta, des Bruders und Mitregenten des Caracalla, ist allen Analogieen 
entsprechend jedenfalls auf Befehl dieses grausamen Kaisers selbst geschehen, 
nachdem derselbe den ihm lästigen Bruder durch Mord aus dem Wege geräumt 
hatte und Alleinherrscher geworden war. — Römische Waffen, Gefässe, Münzen 
traten bei der Fundamentirung von Neubauten öfter zu Tage. Sie wurden alsbald 
durch Händler aufgekauft und nach aussen verschleppt. Zwei bei Anlage einer 
Cisterne gefundene Schwerter, ein Doppelhänder und ein kurzes Seitengewehr 
mit Korb, welche in das Museum nach Aschaffenburg gelangten, mögen jüngeren 
Ursprungs sein. Römische Münzen trugen die Bildnisse der Kaiser Nero, Vespasian, 
Trajan, Hadrian, Antoninus Pius, Commodus, Septimius Severus und Caracalla. 
Im Jahre 1877 wurden auf einem in der Nähe des Steinheimer Thorthurmes 
gelegenen Grundstück mehrere Urnen aufgefunden, welche die Annahme recht- 
fertigen, dass an dieser Stelle das Todtenfeld der alten Römergründung zu suchen ist. 
Nach den Zeiten der Römerdomination und nachdem die Fluthen der Völker- 
wanderung abgelaufen waren, entstand auf den Trümmern der alten militärischen 
Gründung eine friedliche Siedelung, die lange ein bescheidenes Dasein geführt 
haben mag, bis sie im Beginn des 9. Jahrhunderts urkundlich unter dem Namen 
Obermühlheim und unter Umständen erscheint, welche Seligenstadt aus dem 
Dunkel der Vorzeit in das helle Licht der vaterländischen Kultur- und Kunst- 
geschichte eintreten lassen. 
Einhardgründung Gedenken wir kurz der einschlägigen historischen Thatsachen, weil sie 
unmittelbar zur Betrachtung desjenigen Kunstdenkmales hinleiten, welches unter den 
Monumenten der Stadt das grösste Interesse beansprucht und durch sein Alter wie 
durch seine Wichtigkeit für die Geschichte der Entwickelung der Sakralarchitektur 
in den mittelrheinischen Landen an die Spitze der örtlichen Denkmälerschau gestellt 
zu werden verdient. Dieses Kunstdenkmal ist die Basilika der hh. Maiyrer 
Peter und Marcellin, gegründet von Zinhard und Imma, an deren Namen die 
volle Bedeutung und Berühmtheit Seligenstadts für die nachfolgenden Zeiten sich knüpft. 
Einhard u. Imma Einhard, auch Eginhard genannt, und seine Gemahlin /mma, auch unter 
dem Namen Emma bekannt, eine Schwester des Bischofs Bernhard von Worms und 
wahrscheinlich einem vornehmen Geschlecht in Schwaben entsprossen, waren, wie 
theilweise schon oben erwähnt, im Jahre 815 von Ludwig dem 'Frommen mit den 
ansehnlichen Domanialgütern Michelstadt im Odenwald und Obermühlheim am Main 
(urkundlich Michlinstadt im Odonawaldt und Ober-Mülinheim im Moynegouwe) 
belehnt worden. In Folge dessen wählten Einhard und Imma ihren Wohnort 
zunächst auf den Besitzungen im Odenwald und erbauten daselbst eine Basilika 
zur Aufnahme der Gebeine der hh. Blutzeugen Peter und Marcellin, welche 
Einhards Notar, Rathleich (Rathlaik, Rathlaith), den römischen Katakomben ent- 
nommen und nach ‘Michelstadt gebracht hatte. Diese ältere Einhard-Basilika im 
Odenwald ist in ihren Haupttheilen wohlerhalten auf die Nachwelt gekommen. Es 
ist die lange unerkannt gebliebene, im Jahre 1873 vom Verfasser 
gegenwärtiger 
    
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