Ostparthie
Transept
180 KREIS OFFENBACH
kleine romanische Säulen eingefügt. Sie bilden Monolithe im Zusammenhang von
Plinthe, attischem Basament, Rundschaft und Würfelkapitäl, und standen ursprünglich
in den Schallöffnungen des abgetragenen romanischen 'Thurmes. Auch Konsolen
und zerstückelte Werktheile vom Kranzgesims des alten Thurmbaues haben hier
Verwendung gefunden. — Während der jüngsten baulichen Veränderung kam beim
Abbruch eines an den Südthurm gelehnten abteilichen Gebäudetheiles eine daselbst
vermauerte Figur von nahezu zweidrittel Lebensgrösse zum Vorschein, die jetzt im
Museum von Darmstadt sich befindet. Die Statue besteht aus Kalkstein, wie
solcher in rheinhessischen Brüchen, u. a. zu Weisenau vorkommt, und zeigt einen
tonsurirten Leviten, der in ein langes, gegürtetes Gewand von engen Parallelfalten
gekleidet ist und in den Händen eine weiträumige runde Schale nebst Handtuch
trägt, dessen faltige Enden seitwärts frei bewegt herabfallen. Das Werk hatte augen-
scheinlich die Bestimmung einer Piscina im Altarraum der Basilika. Darauf deutet
die im Boden der Schale angebrachte Abzugsröhre, welche als Ausguss des beim
Händewaschen vom Priester gebrauchten Wassers diente. Die Röhre setzt sich
im Innern der Figur fort und mündete jedenfalls in ein nach alter Sitte neben
oder hinter dem Altar befindliches Sacrarium. Bei aller Primitivität, besonders in
den Gesichtszügen, ist die Statue leidlich komponirt. Arme und Hände sind gut
bewegt, wenn auch mangelhaft in der Durchführung. Die Draperiemotive der am
Gürtel überfallenden Gewandpartie sind das Beste und stylistisch Beachtenswertheste
am Werke. Sie muthen den Betrachter an wie ein Nachklang aus frühchristlich-
römischer Zeit und unterscheiden sich vortheilhaft von dem straffen Faltenwurf der
frühesten Erscheinungen romanischer Plastik. Alles in Allem genommen, wird es
nicht zu kühn sein, die Statue den Inkunabeln deutscher Skulptur beizuzählen und
mit Rücksicht auf den Fundort an die Möglichkeit karolingischen Ursprunges
zu denken.
Aus der Os/parthzre der Basilika ist jede Spur von Karolingerkunst zu Gunsten
späterer Umgestaltungen gewichen. Der Mitte des ı2. Jahrhunderts dürften die
Umfangsmauern der Flügel des um einige Stufen über dem Boden des Langhauses
erhöhten Transepts angehören. Ungleich jünger sind die diese Bautheile über-
spannenden, aus Holz konstruirten Kreuzgewölbe, sowie die in den Transeptecken
stehenden Säulen, über welchen die Gurten und Rippen der Wölbungen sich auf-
schwingen. Ob die Transeptflügel, wie Einige wollen, erst um 1200 als ein Werk‘
des Abtes Godefrid entstanden sind, welchen P. J. Weinckens in seiner »Navarchia
Seligenstadiana« als einen baulustigen Prälaten besingt, ist nicht genügend nach-
gewiesen. Die vermauerten, rundbogigen Fenster in den östlichen Hochwänden,
denen späterhin die gleichfalls noch dem romanischen Stylgesetz folgenden unfer-
tigen Ostthürme vorgebaut wurden, sprechen augenscheinlich für frühere Entstehung.
Die Spitzbogenfenster sind eine Zuthat der gothischen Zeit. An ihre Stelle traten
Architekt E.
die Basilika 1868 bei der ihm übertragenen, den Erneuerungsarbeiten 'voraus-
im vorigen Jahrhundert rundbogige Lichtöffnungen. Braden, welcher
gehenden Projektirung eingehend untersucht und beschrieben hat, ist der Ansicht,
dass die Wölbungen der Transeptflügel sammt Ecksäulen und Rippenwerk erst
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