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SELIGENSTADT
dem flammenden Herzen und Gregor der Grosse mit dem Evangeliar auf der
Evangelienseite. Ihnen entsprechen oberhalb der Säulenstellung die ruhenden
Statuen des h. Joseph und des h. Bonifatius auf der einen, und des h. Johannes
Baptista und des h. Rhabanus auf der anderen Seite. Die würdevollen Gestalten
gehören im Gedankenwerth zu den besten plastischen Darstellungen der Epoche.
Sie sind von treffllichem Ausdruck in den Gesichtszügen und in der Haltung frei
von dem falschen Pathos, welches so vielen Statuen der Barockskulptur anhaftet.
Die Meisselführung ist mit Sorgfalt geübt, mitunter vielleicht von einer sich nicht
genug thuenden Genauigkeit, besonders in dem Spitzenwerk der Gewandung. Das
Mittelfeld über der Mensa dieser architektonisch-plastischen Altardekoration ist
gegenwärtig zu Gunsten der Wirkung eines modernen Glasgemäldes im mittleren
Chorfenster frei gelassen. Früher war die Stelle von einem grossen Oelgemälde
ausgefüllt, welches jetzt an der nördlichen Hochwand des Kreuzschiffes seinen Platz
erhalten hat. Das figurenreiche Bild, eine Darstellung des Martyriums der hh. Peter
und Marcellin, wurde 1694 von einem Maler Namens Post angefertigt und ist
eines der zahlreichen Werke einer Epoche, welcher es an den nöthigen Elementen
zum Emporblühen einer selbstständigen Kunst fehlte, die im Anlehnen an fremde Vor-
bilder und im Befolgen eklektischer Regeln ihr Genüge fand, darum aber auch
jedes nationalen Grundzuges entbehrt.
Unter der Mensa des Hochaltars, in einer auf dessen Rückseite zugäng-
lichen rechteckigen Tumba, werden Reliquien in kunstreichen Schreinen aufbewahrt.
Ein Religuiar (vergl. Abb. Nr. 55) enthält die Gebeine der hh. Kirchenpatrone
Peter und Marcellin. Der Schrein misst 70 cm in der Länge, 50 cm in der
Höhe, 45 cm in der Breite und besteht im Kern aus Eichenholz, das auf allen
Seiten mit Silberblech überzogen ist, dessen Flächen figuraler wie ornamentaler
Reliefschmuck in getriebener Arbeit bedeckt. Die Formen sprechen für die Ent-
stehung des Reliquiars im Beginn des 17. Jahrhunderts. In dichtem Arabesken-
werk, untermischt von Rosen und Lilien, erscheinen auf der einen Schmalseite
die Figuren der beiden Schutzheiligen der Basilika, auf der anderen Schmalseite
die Darstellungen der h. Martha und (des h. Marius. Die Langflächen sind geziert
mit den Figurenpaaren der hh. Hyacinthus und Prothus einerseits, und der hh.
Habachuk und Audifax anderseits. Die Technik ist gut, wenn auch nicht hoch-
künstlerisch. Ein anderes in Silber getriebenes, theilweise vergoldetes Relguar
ist ein Werk der höheren Edelmetallplastik und zeigt die fast lebensgrosse Büste
des h. Laurentius, eine Arbeit des 13.
(Vergl.. Ab. Nr. 56.)
Lockenhaar ist mit Naturgefühl behandelt. Die Gewandung, eine Diakonen-Dal-
Jahrhunderts mit modernem Untersatz.
Die Züge des Heiligen sind voll Ernst und Würde. Das
matika, fällt in gutem Faltenwurf und ist mit stylisirtem Blattornament geziert.
Weiterhin in der Tiefe des Tumbaraumes steht ein aus Eichenholz geschnitzter
Reliquienschrein, dessen Ornamentik mit den Arabeskenmotiven des silbernen St.
Peter- und Marcellin-Reliquiars manche Züge gemein hat.
Von den Seztenaltären im Transept sind zwei, wie der Hochaltar, aus dem
Mainzer Karthäuserkloster in die Abteikirche gekommen. Sie sind der h. Jung-
frau und dem h. Johannes von Nepomuk geweiht und bestehen in ihren architek-
Reliquiarien im
Hochaltar
Seitenaltäre