Full text: Kreis Offenbach (A, [1])

   
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WOLFSGARTEN 245 
landschaftliche Darstellungen aus Nähe und Ferne, sowie Vorgänge der höheren 
und niederen Jagd. Hier überwiegen die Namen der Maler Hirschberger, Hagel- 
gans und Kehrer. Auch ]J. K. Seekatz erscheint mit einer und der anderen Architektur- 
landschaft aus der Umgegend und dem Landgräflichen Wildpark. — Unter den 
Bildnissen verdient die lebensgrosse Figur des Landgrafen Ernst Ludwig lobende 
Erwähnung. Der Landgraf erscheint als Feldherr mit dem Kommandostab, in 
Plattenrüstung, Purpurmantel und mit den Insignien des Hubertus-Ordens. — Der 
damals hochgeschätzte Johann Heinrich Tischbein (gest. 1789 zu Kassel) ist durch 
das Porträt der Fürstin Christiane von Waldeck, geb. Prinzessin von Pfalz-Zwei- 
brücken-Birkenfeld (16. Nov. 1725 bis ıı. Juli 1816), vertreten. Das Bild ist im 
Jahre 1764 gemalt und zeigt unverkennbare Einwirkungen der Schule des fran- 
zösischen Porträtisten Karl Vanloo. — Merkwürdig ist der Versuch einer Ideal- 
darstellung der Ahnfrau des hessischen Fürstenhauses, der sogenannten Weissen 
Frau, in dem Brustbild einer schwarzgekleideten, gespensterhaft bleichen Matrone 
mit einem Krucifix zur Seite. — Unter den Landschaften bleibe nicht unerwähnt 
ein mehr durch Gegenstand und Naivität der Darstellung als durch künstlerischen 
Werth auffallendes Gemälde mit der von dem Verfertiger herrührenden Bezeichnung: 
Prospect von dem Meliboco und dessen (Gegend RE TER? 7. gi Sonntag fecit 17478. 
Das Bild bedeckt in Abmessungen von 3,75 m Länge und 2,25 m Breite die 
volle Wand eines Nebenzimmers und ist räumlich als ein Pendant zu dem von 
demselben Maler herrührenden Prospekt der Stadt Darmstadt in der Gemälde- 
sammlung des Grossherzoglichen Museums daselbst anzusehen. Von der Berglehne 
des Melibokus aufgenommen, gibt das Bild ein Panorama des Rheinthales von 
der Ebene oberhalb Worms bis unterhalb Mainz mit Einschluss der Neckar- und 
Maingegenden, wobei es dem Künstler gefiel, in freiem Belieben auch die von 
dem Standpunkt nicht sichtbaren Städte Heidelberg und Frankfurt in seinen Rahmen 
mitaufzunehmen. Eine reiche Staffage bedeckt den Vordergrund. Landgraf Ludwig VIII 
erscheint auf erhöhtem Standpunkt und umgeben von einem zahlreichen Jagdgefolge, 
worin das damalige Waidleben anschaulich geschildert ist. Weiterhin sieht man 
das Konterfei des mit seiner Arbeit beschäftigten Malers. Die Stadt Zwingenberg 
und die Ruine des Schlosses Auerbach liegen tief unter der Gruppe und gewisser- 
massen zu des Beschauers Füssen. Die klare Wiedergabe der Riedebene mit ihren 
Städten und Dörfern, mit Wald, Feld und Flur sammt Strassenzügen und ihren 
Baumpflanzungen erinnert an die Wirkung eines mit Hilfe der camera obscura 
gewonnenen Bildes. Die Gesammtzahl der in einer Notiz aufgeführten Orte beträgt 
nicht weniger als 72. Sogar das Lager der Aliirten und des französischen Heeres (die 
malerische Aufnahme geschah gegen Ende des österreichischen Erbfolgekrieges) ist mit 
Genauigkeit wiedergegeben. Der Rhein zieht gleich einem Silberband durch den Mittel- 
grund, während der Hintergrund vom Donnersberg beherrscht wird. Die Städte Worms, 
Oppenheim, Mainz treten in wünschenswerthester Deutlichkeit auf. Das naive Ganze, 
welches Unmögliches möglich zu machen sucht, kann nur sehr bedingt die Bedeutung 
eines Landschaftsbildes beanspruchen und macht eher den Eindruck eines aus der 
Vogelschau mit Willkür behandelten Situationsplanes. Kein Zweifel, der Autor 
war sichtlich bestrebt, seinen Prospekt im Lichte eines heiteren Frühlinestages, mit 
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