46 KREIS OFFENBACH
auf Jakob von Liebenstein folgte, so dass die Bauzeit möglicher Weise
schon 1508
Der Chor ist sonach spätestgothisch.
nicht länger als bis in’s vierte Jahr gedauert hat.
besten Sinn des Wortes und legt ein glänzendes Zeugniss dafür
Aber er ist es im
von Mittelalter und Neuzeit schaffende
ab, in wie hohem Grade der um die Wende
Meister Herr seiner Kunst war, im Tektonischen wie im Dekorativen. Welc
mischen Chorbau und
unbekannte her
Abstand des künstlerischen Vermögens zwischen diesem rhytl
seiner massvollen Formeneleganz einerseits und der seltsamen Veränderung ander-
seits, welche Choreingang und Langhaus bei der jüngsten Mutation, insbesondere
durch die geschmacklose Umgestaltung des Triumphbogens, erlitten haben! Auch
die an der nördlichen Chorseite errichtete neue Orgel hat der freien und unge-
hinderten Wirkung des glanzvollen Chorbaues schweren Eintrag gethan und bedingte
die moderne Geschosserhöhung über der Sakristei. Das untere Sakristeigeschoss ist
von der Neuerung verschont geblieben und besteht aus einer rechteckigen Halle
Aus den vier Winkeln des Raumes steigt ohne Konsolenver-
mit Kreuzwölbung.
mittelung das Rippenwerk an, welches mit Hohlkehle und Plattstab profilirt ist und
in einer Rosette als Schlussstein endigt. Den geschweiften Spitzbogen der Sakristei-
pforte füllen im unteren Theil strahlenförmige J,inearornamente.
Altäre. Statuen Von den drei Altären sind die beiden Seitenaltäire neu. Der Hochaltar ist
der Ueberrest eines aus dem 17. Jahrhundert stammenden Renaissancewerkes,
dessen gesäulter Oberbau in den letzten Jahren entfernt wurde, um die Aussicht auf
ein neues Glasgemälde im mittleren Chorfenster frei zu lassen. Fin höheres Interesse
beansprucht nur der nördliche Sezzenaltar durch seinen plastischen Schmuck aus
Altarnische steht eine Madonnenstatue mit dem Jesusknaben
älterer Zeit. In der
in der Auffassung als Himmelskönigin. Aus der Krone der Jungfrau quillt ein
einen faltenreichen Mantel herab, welcher die ganze
Schleier hervor und fällt über
Türkennoth sieht
Als originelles Symbol des Schutzes vor der
Gestalt umhüllt.
Turban bedecktes bärtiges Menschen-
ınan zu Füssen der Jungfrau ein mit einem
haupt, dessen verzerrter Blick und geöffneter Mund, mit herabhängender Zunge ein
holzgeschnitzte Statue ist von zwei-
abstossendes Bild des Todeskampfes gibt. Die
Der Styl
und soll aus der Marienkirche zu Hanau stammen.
drittel Lebensgrösse
Frei von solchen Zügen eines herben
deutet auf die Schlusszeit des Mittelalters.
ungleich bedeutender ist die lebens-
Hoch-
Naturalismus und in künstlerischem Betracht
Madonnenstatue in einer Nische über der westlichen
Himmelskönigin mit der Krone auf dem
über die Schultern. Die
grosse edelrealistische
wand. Auch hier erscheint Maria als
Haupt. Anstatt des Schleiers fällt langes, wallendes Haar
Gewand ergreift, welches in
Linke trägt das Christkind, während die Rechte das
der Statue
Falten von trefflichem Wurf über die Mondsichel zu Füssen
ce als eine vor-
Y
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brüchigen
herabgleitet. Das Werk gibt sich nach Auffassung und Durchführun
zügliche Leistung der Plastik des ı5. Jahrhunderts zu erkennen.
Grabmäler Die Nörd- und Südwand des Langhauses zieren einiee beachtenswerthe Grab-
denkmäler. — Die Grabplatte des Diether von Erlenbach und seiner Gemahlin
Anna von Reifenberg zeigt die lebensgrossen Reliefiiguren des Fhepaares. Die
gewappnete' Gestalt des Ritters umgibt ein Schuppenpanzer. Das Haupt ist von
einem Schalenhelm mit Barthaube bedeckt. Die Rechte stützt sich auf den Schwert-