Full text: Kreis Offenbach (A, [1])

   
GROSS-STEINHEIM 47 
griff; die Linke trägt einen Streitkolben. Die Fussbekleidung ist in sogenannter 
Bärenklauenform kurz abgestumpft. Frau Anna trägt ein schaubenartiges, an den 
Schultern  feingefältetes Gewand, welches in gebrochenem Wurf niederwallt. Die 
Hände sind von einem Rosenkranz umschlungen und zum Gebet gefalten. An 
den oberen und seitlichen Rändern des Grabsteines ziehen folgende Inschriften in 
gothischen Minuskeln hin: 
anna dm. m.Weiii, den grie day des deremübr starb die erbar fraie 
anna riffenberg. anna üni 1507 ur rr dag Des octobris starh der ehrnfest 
Dieter bon erlenbac), Am unteren Rande stehen die Worte: ende elude 
(Eheleute) den got amade, amen, 
Die vier Ecken der Steinplatte sind geziert mit den Wappen der Geschlechter 
Erlenbach, Reifenberg, Krüfftel und Allendorf. Naturalistisches Astwerk im gothi- 
schen Vegetativstyl dient als verbindendes Ornament der beiden oberen Wappen 
Erlenbach und Reifenberg. 
Während dieses Denkmal den Stylgesetzen des späteren Mittelalters folgt, 
erblicken wir in dem räumlich wie künstlerisch bedeutsamen Grabmonument des 
kurfürstliichen Amtmannes und späteren Staatsrathes Zrowin von Hutten und seiner 
Gemahlin Aunigunde von Hatstein eine architektonisch-plastische Leistung der 
Renaissance von grosser Schönheit und überraschender Imposanz. (Vergl. Abb. 
Nr. ı1.) Auf drei, durch Stichbögen untereinander verbundenen kräftigen Trag- 
steinen lagert der Sockel des Denkmals, dessen Sandsteinmaterial ein leichter An- 
strich von graugrüner Farbe bedeckt. Ueber dem Unterbau stehen in Nischen 
die überlebensgrossen Figuren des Ehepaares. Die Nischen sind getrennt und flan- 
kirt von wappengeschmückten Pilastern. Jonisirende Voluten lagern auf den Blätter- 
kelchen der Kapitäle. Jenseits einer leichten Simsverkröpfung folgt der Fries mit 
den Inschriften: 
ANNO 1528 VFF SONNTAG NACH TRIUM REGUM VERSCHIED DER 
STRENG EDEL VND ERNVEST HERR FROWIN VON HUTTEN RITTER. 
DER SEELEN GOTT GNEDIG VND BARMHERZIG SEY. AMEN. 
ANNO 1548 VFF FREITAG NACH QUASI IST VERSCHIEDEN DIE 
EDEL VND TUGENDSAME FRAW KUNEGUNDE VON HUTTEN GEBORNE 
VON HATSTEIN. DER SEELEN GOTT GNEDIG SEY. AMEN. 
Muschelförmige Bekrönungen schliessen den Oberbau ab. Frowin von Hutten 
erscheint als eine markige Gestalt von fester Haltung und voll Kraft der Charak- 
teristik in den Zügen des bärtigen Antlitzes. Das steife ritterliche Kostüm der Zeit 
thut dem Ausdruck mannhaften Wesens keinen Eintrag. Die Plattenrüstung mit 
vorstehendem Stosskragen an den Schulterstücken ist bis in’s Einzelne durchgeführt. 
Den Lendner umgibt das Wehrgehänge mit Schwert und Dolch in ornamentirter 
Scheide. Daneben steht der Visirhelm. Kunigunde von Hutten ist in einen langen 
Mantel gehüllt, in dessen unteren Draperieen das knitterige Faltengepräge der spät- 
gothischen Plastik nachklingt. Dennoch sind die Hauptmassen der Gewandung von 
gutem Wurf. Haube, Schleier und Kinnbinde bedecken einen grossen Theil des 
Antlitzes; nur Augen und Nase sind sichtbar. Die zum Gebet gefaltenen, beringten 
    
  
   
   
     
  
  
   
    
    
   
   
    
     
   
      
     
    
      
   
   
    
     
      
      
      
       
  
      
    
   
     
	        
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