Schlossgebäude.
Aeusseres.
Schlossgebäude.
Inneres
KREIS OFFENBACH
liegt auch der Eingang nicht am Fusse des Thurmes, sondern in so beträcht-
licher Höhe, dass er nur mit Leitern zu erklimmen war, falls nicht eine
Zugbrücke vom Palas herüberführte. Jetzt steigt eine Holztreppe zur 'Ihurm-
pforte hinan. Die Pforte führt zu einem Raume, in dessen Fussbodenmitte die
Versenköffnung des Verliesses angebracht ist. Das Verliess liegt also hier nicht
unterirdisch, sondern als erstes Geschoss über der Erde, so dass der darauffolgende,
im Achtort gewölbte Raum das zweite Thurmgeschoss bildet. Eine steinerne, in
der Mauerdicke liegende Wendelstiege führt in das durch eine Auskragung erwei-
terte dritte Geschoss. Hier war die Wächterwohnung, welche sich in kleinere Ab-
theilungen ‘nebst Feuerstelle gliedert und von einem achttheiligen Gewölbe über-
spannt ist. : Weiter hinan stellt eine hölzerne Stiege die Verbindung mit dem
Zinnenkranz her, an dessen Südseite eine trümmerhafte, dachlose Maueraufsattelung
den Zusammenhang mit dem Kernbau nicht mehr erkennen lässt. Die vier nach
innen offenen Flankenthürmchen treten mit je zwei, von einem Fensterpaare durch-
brochenen Flächen nach aussen vor und lassen zwischen ihren Eingängen und dem
aus der Mitte der Plateform sich erhebenden Haupthelm einen schmalen Wehrgang
frei. In dieser reichen Ausgestaltung und guten Erhaltung ist der Thurm ein sehr
belehrendes Beispiel des Bergfriedbaues des deutschen Mittelalters.
Das Schlossgebäude setzt sich in seiner gegenwärtigen Gestalt aus zwei recht-
winklich vereinigten Flügeln zusammen und besteht im Material durchgängig aus
buntem Sandstein. Manche Einzelformen zeigen, dass im Laufe der Zeit auch
der Einfluss der Renaissance vortheilhaft an dem Bauwerk sich geltend gemacht
hat. Das in eine Quadermauer aus gothischer Zeit ohne Verband frei eingefügte
schöne Treppenhaus-Portal ist zu beiden Seiten des rundbogigen Einganges von
kannelirten Pilastern flankirt. (Verel. Abb. Nr. 16.) Darüber lagert ein vorspringendes
Gesims, auf welchem das Wappen des Kurfürsten Daniel Brendel von Homburg
mit der Jahreszahl 1572, überragt von einem fächerförmigen ÖOrnament, die Be-
krönung bildet. Oberhalb dieses Abschlusses umgürtet ein gothisirender Simszug mit
Wasserschlag und tiefer Unterschneidung den Bautheil. Das Wappen selbst ist an
den Seiten von Löwenhäuptern, kleinern Wappenschildern und meisselfertigen Ara-
besken umgeben. Am Marstallgebäude erscheint neben einer spitzbogigen Pforte
ebenfalls das Wappen des Kurfürsten Daniel Brendel von Homburg, hier mit deı
Jahreszahl 15062, während am Nordflügel des Schlosses dasjenige seines Nachfolgers
Wolfgang von Dalberg angebracht ist. Andere heraldische Schilde befinden sich an
dem mit einem halbkreisförmigen Aufsatz abschliessenden, im übrigen einfachen
Ziehbrunnen von 1564, ferner an der Giebelseite eines Nebengebäudes, welches
unter Kurmainz Sitz der Registratur des Oberamtes Steinheim war und dann längere
Zeit als Synagoge diente.
Das /nnere des Schlosses hat von der älteren Anlage wenig mehr aufzuweisen.
Zwei derbe, säulenartige Rundstützen, welche in die Kellerwölbung eindringen, sind
von tüchtiger Quadertechnik, entbehren aber jeglichen stylistischen Anhaltspunktes
zur Bestimmung des Zeitverhältnisses. Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, dass