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\", Glasmalereien
im Rittersaal
74 KREIS ERBACH
reich und Spanien sowie für andere Fürsten und Herren ausgeführten Armatur-
entwürfe erinnern, welche Dr. von Hefner-Alteneck 1865 zu München aufgefunden
und 1889 veröffentlicht hat. — Beide Sattellehnen stehen in der Technik auf
ziemlich gleicher Stufe; in der Komposition dagegen wird die minder bewegte
und in manchen Motiven an Monotonie streifende Vorderlehne von der Lebendig-
keit und Mannigfaltigkeit der Rücklehne weit übertroffen. Von diesem Relief
(Fig. 41) lässt sich sagen, dass kriegerisches Feuer in wüthendem Kampf innerhalb
des knapp bemessenen Raumes eines kleinen Reliefbildes nicht schlagender und
leidenschaftlicher darzustellen ist. Wie ein unentwirrbarer Knäuel von Angriff und
Vertheidigung und doch wieder kompositionell klar steht dieses Gefechtsbild vor
dem Beschauer und lässt ihn ahnen, wie nachhaltig die Schlachtenkompositionen eines
Leonardo, Michelangelo und Rafael, zumal Werke wie das Gefecht bei Anghiari
und die Konstantinschlacht, in die Kunstbewegung der Renaissance eingegriffen
haben müssen, um auch die edle Kleinkunst in ihrem Zusammenhang mit dem
Kunstgewerbe zu so trefflichen Leistungen zu erheben.
Zur Steigerung der glanzvollen künstlerischen Wirkung des Rittersaales tragen
die mit Glasmalereren des Mittelalters und der Renaissance verzierten acht hohen
Alte Glas-
gemälde sind keine Kunstwerke, auf die das horazische Wort monumentum aere
Perenntus Anwendung findet.
Spitzbogenfenster in ebenso würdiger wie ausgezeichneter Weise bei.
Nachdem Jahrhunderte lang die Wuth der Elemente
im Bunde mit Abneigung und Gleichgiltigkeit der Nachlebenden die Zerstörung
und Entfremdung vieler dieser herrlichen Kunstwerke herbeigeführt, kann es nicht
Wunder nehmen, wenn frühe Beispiele äusserst selten sind. Um so grössere Werth-
schätzung verdienen die auf die Nachwelt herübergeretteten älteren Werke zu Erbach,
unter denen die aus dem Chorhaupt der ehemaligen Dominikanerkirche zu Wimpfen
am Berg stammende, i. J. 1802 gegen weisse Scheiben eingetauschte Bilderserie
einen allgemein anerkannten hohen Rang einnimmt. Die Gemäldefolge überrascht
schon durch ihren ungewöhnlichen Umfang, welcher innerhalb der Museen der
mittelrheinischen Zone den Vorrang behauptet. Der Cyklus breitet sich über drei
Hochfenster des Rittersaales aus und enthält eine Fülle von Figuren und Figuren-
gruppen theils aus dem alten und neuen Testament, theils aus der Legende der
Heiligen und insbesondere aus dem Leben des h. Ordensstifters Dominikus. Die
Reihenfolge der biblischen Darstellungen hat man sich nach dem Nebeneinander
der sogen. Konkordanz-Anordnung in.der Weise zu denken, dass die alttestament-
lichen Scenen symbolisch auf die neutestamentlichen Vorgänge hindeuten. Sie
muthen den Beschauer an wie eine auf farbiges Glas übertragene Bilderbibel für
das Volk. .Die Gruppen sind in Mandorlenform gefasst, mit Blätterornamenten in
den von der Rundung frei gebliebenen Ecken der Scheiben. Ist einerseits schon der
naive Charakter der Komposition und der eigenartige Stil der dem Schluss des
13. Jahrhunderts angehörigen Werke geeignet das lebhafteste Interesse zu erwecken,
so fesselt anderseits die wunderbare Technik des alten Meisters, welcher dem
farbigen Glase eine erstaunliche Kraft und Tiefe des Tones zu verleihen wusste.
Dabei sind die Fenster so behandelt, dass ungeachtet des zahlreichen Figürlichen
das Einzelne, aus einiger Entfernung gesehen, fast verschwindet und eine an Pracht-