Hügelgräber,
Malstätte
KREIS ERBACH
nach gothischem Gesetz. Zahlreiche Werkstücke liegen umher, zeigen aber nicht
die geringste Spur von stilistischen Einzelformen. Vor der Westfront der Ruine
dehnt sich ein Rasenplatz aus, grossräumig genug zur Aufnahme vieler Wallfahrer
bei der Predigt im Freien. Die übrigen Seiten der Kapelle sind von Spuren eines
Mauerzuges umgeben, welcher auf die Umgrenzung des Friedhofs hindeutet. Die
Kapelle war in der That Wallfahrtskirche und Todtenstätte zugleich. Von Manchen
wird auch ein Zusammenhang des Heiligthums mit dem Tempelhaus und der
angeblich zu Erbach bestandenen Tempelherrn-Kommende angenommen. Die
Bestimmung als Pilgerkapelle verliert sich im Dunkel der Zeiten; die Todtenstätte
wird urkundlich durch die 1498 erfolgte Einweihung des Gottesackers bezeugt.
So lange die Bewohner von Erbach im Filialverhältniss zu Michelstadt standen,
hatten sie dort ihre Todten begraben. Papst Alexander VI genchmigte 1496 auf
Bitten des Schenk Erasmus, ausser anderen Privilegien, auch die Errichtung eines
besonderen Friedhofes, während erst drei bis vier Jahre später die Erbacher Kapelle
zur Pfarrkirche erhoben wurde. Wegen des beschränkten Raumes um die Pfarr-
kirche wurde der Brudergrund gewählt, um allerdings schon nach einem Jahrhundert
zu Gunsten des jetzigen Friedhofes wieder verlassen zu werden, von dessen Kapelle
S. 49 die Rede war. Seitdem wird die Stille des alten Todtenhofes in der Wald-
einsamkeit von St. Jakob im Brudergrund nur unterbrochen vom Sang der Vögel
und vom Plätschern des Rossbächl. Auch knüpft sich an den Ort eine Reihe von
Sagen, unter denen das Erscheinen des grauen Männleins, weiches um Mitternacht
die Klagetöne einer Flöte in die Lüfte sendet, noch heute gläubige Gemüther findet.
Südöstlich von Erbach, in der Gemarkung Erbuch, fanden im Jahre 1882 auf
einer im Volksmunde Yuden-Kırchhöfel genannten bewaldeten Höhe Nachgrabungen
statt, welche zur Freilegung einer Gruppe von /Zäügelgräbern von 9 m Durchmesser
führten. Die darin enthaltenen Steinsetzungen boten keine Ausbeute an Schmuckgegen-
ständen, liessen aber, ihrer ganzen Beschaffenheit nach, über den altgermanischen
Ursprung der Sepulkralanlage keinen Zweifel. — Eine Anhöhe an der Strasse nach
Michelstadt führt in den Flurbüchern den Namen auf der Centlinde und kenn-
zeichnet im Bewusstsein der Nachwelt die Gerichts-Malstätte der alten Erbacher Cent.
Fig. 59. Wappen des Hauses Erbach v. J. 1290.