Full text: Kreis Erbach (A, [2])

  
Ener 
FÜRSTENAU 
die Stuckverzierung der Eindeckung in etwas schwerfälligen Barockmotiven sich 
bewegen. Verwandt damit ist die Deckenornamentation des ursprünglich von dem 
Iompfangssalon nicht abgetrennten Spersesaales, welcher die ganze Länge des 
nördlichen Flügelbaues sammt Erker einnimmt und eine Reihe von Ahnenbildern 
aus dem 17. und 18. Jahrhundert, sowie das Portrait des Königs August von 
Sachsen und Polen enthält. Ein Schenktisch, sogen. Kredenz, erweist sich durch 
die Stilrichtung seiner figürlichen und ornamentalen Reliefdarstellungen als eine 
Leistung der Kunstschreinerei des 17. Jahrhunderts. Eine Folge von biblischen 
Vorgängen, mit der Erschaffung der Eva beginnend, umfasst Hauptmomente des 
alten Bundes. Die Gruppen sind am Fusse von Medaillonköpfen umgeben und 
oben mit stilisirtem Laubwerk bekrönt. — Aus der nämlichen Zeit stammt ein 
über der Kredenz hängendes Oelgemälde, das weniger durch seinen bescheidenen 
Kunstwerth als durch den dargestellten Gegenstand Interesse erweckt: Einhard 
und Imma erscheinen thronend unter einem Baldachin, an dessen Seite ein will- 
kürlich komponirtes, fragwürdiges Wappen der karolingischen Dynastie prangt.*) — 
Das zweite Hauptbaugeschoss enthält die Eppstein-Gemächer, deren alter Holzplafond 
an verschiedenen Stellen in stilgerechter Weise erneuert ist. Ein gothischer Kamin 
mit den Wappen von Erbach und Eppstein hat seine ursprüngliche Formgebung un- 
berührt bewahrt. Den gleichen Wappenschmuck erblickt man in den Bogenzwickeln 
einer mit geschwungenem Giebel bekrönten gothischen Pforte, welche vom Korri- 
dor in das Mittelgeschoss des nordöstlichen Eckthurmes führt. Das Geschoss bildet 
einen polygonen Raum mit zierlichem sechstheiligem Sterngewölbe aus schwach 
gekehlten Rippen, die ohne Konsolenvermittelung paarweise ansetzen und in 
wiederholter -Durchkreuzung dem Wölbescheitel zustreben, wo ein Wappenpaar 
hier in der Zusammenstellung von Erbach und Erbach-Eppstein -- den Schluss- 
punkt bezeichnet. Das Rippenwerk ist entschieden spätgothisch und stimmt hin- 
sichtlich des Zeitverhältnisses sehr wohl zu der Annahme, wonach die fromme, 
1477 gestorbene Schenkin Lukardis, geb. Gräfin von Eppstein, Gemahlin des 
Schenken Philipp III von Erbach, das Thurmgeschoss als Oratorium habe ein- 
richten lassen für ihre Hausandachten nach der Regel des Ordens vom h. Fran- 
ziscus von Assisi, welchem sie als Tertiarierin angehörte. Im Zusammenhang mit 
dieser Bestimmung des Thurmgeschosses und mit der noch heute herrschenden 
Volkssitte, alles auf geistliche Orden Bezügliche unter den Kollektivbegriff Aapu- 
ziner zu bringen, mag auch die Benennung des obenerwähnten Äapuzinerganges 
herrühren, welcher, nahe beim Oratorium beginnend, als Wehrgang gen Ost hin- 
zieht, dann nach Süd sich wendet, wo ebenfalls alte Wehrbautheile erhalten sind. 
Das Obergeschoss des Rolhen Thurmes, in älterer Zeit Siernerne Kammer 
genannt, hat durch die Einrichtung zur Schlosskapelle in den Formen des 17. Jahr- 
hunderts mit oktogoner Kuppelwölbung eine ebenso charakteristische wie zweck- 
entsprechende Verwendung gefunden. Wandgemälde der vier Evangelisten — 
modern und just nicht von Künstlerhand geschaffen — geben dem Raume einen 
zweifelhaften Schmuck. Ein Kamin mit den Wappen Erbach und Hohenlohe trägt 
*) Fast identisch damit nach Inhalt und Form ist ein Oelgemälde im Konventsbau der ehemaligen Bene- 
dictiner-Abtei zu Seligenstadt; s. Kunstdenkmäler, Kreis Offenbach, S. 205. 
Schlosskapelle 
    
  
  
  
  
     
    
     
     
      
  
  
  
  
  
  
  
   
    
    
   
      
    
     
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
    
	        
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