Full text: Kreis Erbach (A, [2])

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HÖCHST 135 
Stilverständniss. Die romanische Wölbung des Vorhallenbogens ist auf der Innen- 
seite zu einem geschweiften Bogen formlos umgestaltet. Die nördlich und südlich 
in’s Langhaus führenden Spitzbogenpforten zeigen eine Häufung der Gliederungen 
bis zur Verworrenheit. Auch an diesen Stellen wird das unkräftige Nachleben 
In 
Der /nnenbau ist von einer Flachdecke überspannt, die von drei in der 
spätgothischer Bildungen durch ziffermässige Daten aus den 
sechziger Jahren des 16. Jahrhunderts bestätigt. Unter den 
vorhandenen Steinmetzzeichen mögen folgende erwähnt sein: | 
Längenachse der Kirche stehenden Säulen gestützt wird, so dass der Raum zwei- 
schiffig sich darstellt. Eine moderne Schlimmbesserung war bemüht, den Säulen- 
stämmen durch aufgemalte Kanneluren ein antikisirendes Aussehen zu verleihen. 
An ihrem Fuss gehen die Stämme durch ausladende Verstabungen in würfelförmige 
Basamente über, deren sterile Grundform in umgekehrter Anordnung auch auf die 
Kapitäle übertiagen ist, die in seltsamer Ausgestaltung an spätgothische Formen 
erinnern, wie solche in reinerer Bildung an Bauwerken des vorgerückten 15. Jahr- 
hunderts in diesen Gegenden — es sei beispielsweise auf die Innenarchitektur 
der Kirche zu Babenhausen hingewiesen — nicht ungewöhnlich sind. Eine schwer- 
fällige Empore umgiebt die südliche Langseite und die westliche Schmalseite des 
Gotteshauses. Ueber der aus dem Langhaus in den anstossenden Klosterhof 
führenden Thüre ist eine Steintafel mit folgender Inschrift in die Hochwand 
eingelassen: 
DIESE KIRCHE IST VON GRVNDT VND NEWEM ANGEFANGEN 
VND AVSGEBAWT BEI REGIERVNG DER WOLGEBORNEN HERN 
EVDWIGS GRAVEN ZV STOLBERG KONIGSTEIN ere:; VND HERN 
GEORGEN GRAVEN ZV ERPACH Erc: ALLEN HERN ZV BREVBERG 
IM IHAR CHRISTI MDLIXVI. 
Der C’hor schliesst dreiseitig aus dem Achtort. Den Altar überragt ein 
lebensgrosser Krucifixus, eine Holzskulptur aus dem vorigen Jahrhundert mit dem 
Ausdruck des Leidens in den Zügen des wohlgebildeten Hauptes. Die übrigen 
Körperformen zeigen, dass der Künstler mit der Anatomie der menschlichen 
Gestalt nicht allseitig vertraut war. — Vor dem Altar steht der Zawufstern, dessen 
Becken und Fuss mit einfacher, muschelförmiger Renaissance - Örnamentation 
bedeckt sind. Um den Rand des Beckens läuft die Inschrift: 
EX PIA DEVOTIONE IAC: TVLSCHACKI- LABAC - CARNIOLANI- 
TVM - TEMPORIS : PRAEFECTI : HVIVS - COENOBII : ANNO- ı611- 
Hinter dem Altare nimmt die Orgel und deren Empore das ganze Chorhaupt 
ein. Das Orgelgehäuse stammt aus dem Jahre 1708; es trägt eine Vegetativzier 
von arabeskenreichen Holzschnitzereien ; Posaunen blasende Himmelsboten stehen 
auf den Kranzsimsen der einzelnen Abtheilungen. — Auch die Aanzel folgt dieser 
Stilrichtung, ohne dass den massvollen Verhältnissen ihres Aufbaues Eintrag geschieht; 
ihre Brüstung ruht auf einer Spiralsäule und ähnliche kleinere Säulen flankiren die 
Felder der polygonen Gliederung. Den Kanzeldeckel krönt eine Statuette des 
auferstandenen Heilandes mit der Siegesfahne. Die Figur verräth das oft bis zum 
  
Innenbau 
Char, Taufstein 
Orgel, Kanzel 
      
  
   
  
  
   
    
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
	        
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