Triumphkreuz
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sein, dass St. Alban als der Titelheilige der Pfarrkirche zu betrachten ist. — Was
das Zeitverhältniss des Kunstwerkes anbelangt, so deuten auch die Flügelgemälde,
wie diess schon von den Skulpturen gesagt worden, auf spätgothische Entstehung.
Zunächst ist die Luft der landschaftlichen und architektonischen Hintergründe nicht
mehr golden, sondern, der fortgeschritteneren Kunst entsprechend, dem blauen
Aether der Natur nachgebildet. Dann schweben im oberen Theil des Luftraumes
ornamentale, mit Grotesken belebte Vegetativgebilde, worin ausgesprochene Renaissance-
motive vorwalten. Aber auch das Figürliche weist in Trachten und Waffen auf
den Beginn des 16. Jahrhunderts hin, wie nicht minder das ernste Wesen der männ-
lichen Charaktere und die Tiefe des Kolorits, worin deutliche Anklänge an die
mittelrheinische Schule des Matthäus Grünewald zu erkennen sind; selbst die röth-
liche Farbe des Steinmateriales der Gebäude auf dem Stadtprospekt im Hintergrund
der Scene des Martyriums ist nach allen Analogieen zur Mitbestimmung dieses
Ursprunges geeignet. — Die ungeschickte Verklammerung des Flügelpaares an
der Hochwand verwehrt zur Zeit die Untersuchung seiner Aussenseiten. Folgende
Notiz bei Luck (s. 0.) ersetzt einigermassen diesen Mangel: »2luf der Seite am
linken Slügel ift gemahlt der Engel Gabriel, mit den Worten: Ave gratia plena
Dominus tecum. Am andern $lügel: Maria; hinten ein Nlann mit einem Schwein
und Creuge in der rechten, in der Iinfen Hand ein Buch habend.« Hiernach
handelt es sich augenscheinlich um Darstellungen einer Verkündigung und des
h. Einsiedlers Antonius. -— Die Gemälde, welche den Untersatz des Altarschreines,
die sogen. Predella, bedecken, beanspruchen keine sonderliche Werthschätzung und
sind allem Anschein nach jüngeren Ursprunges. In der Mitte ist der dornenge-
krönte Heiland, in der Auffassung als sogen. Schmerzensmann auf dem Kreuzholz
sitzend, in einer Landschaft dargestellt. An den Seiten erscheinen auf besonderen
Tafeln die Halbfiguren der Madonna und des Lieblingsjüngers Johannes. Maria
hat die Hände gefaltet und zeigt in dem von einer Glorie umstrahlten Antlitz die
Züge schweren Herzeleids. Johannes trägt ebenfalls einen Nimbus um’s Haupt
und schaut tiefsinnig in ein aufgeschlagenes Buch. Sieht man von diesem Mittel-
gut ab und lässt den Zusammenklang von Plastik, Malerei und architektonischer
Ausstattung der Hauptdarstellung allein auf sich wirken, so wird man von dem
Altarschrein zu Kirch-Brombach sagen, dass er eine Leistung von grosser Schönheit
ist und in unseren Gegenden zu den beachtenswerthesten Kunstschöpfungen des
späten Mittelalters im Uebergang zur Renaissance gehört. Im Umfang des Kreises
Erbach steht das Werk dem aus der Schöllenbacher Wallfahrtskirche stammenden
Flügelaltar im Gräflichen Museum zu Erbach würdig zur Seite und in einiger
Entfernung ausserhalb des Kreises kann nur der Schrein in der Kirche zu Baben-
hausen mit ihm wetteifern. Die Rückkehr des jetzt so unpassend wie möglich
aufgestellten und dem Auge des Beschauers entrückten vortrefflichen Werkes an
den ursprünglichen Standort im Chorhaupt sei hiermit dringend befürwortet.
Ein überlebensgrosser Arucrfixus, ehedem vom Scheitel des Triumphbogens
im Lichtraum herabhängend und jetzt im Langhaus aufgestellt, verdient ebenfalls
als ein befriedigendes Werk spätmittelaltriger Holzskulptur aus der Wende des
ı5. und 16. Jahrhunderts Erwähnung. Der Meister zeigt ein anerkennenswerthes
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