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154 KREIS ERBACH
noch Kaffgesims. Den Zugang aus der Vorhalle in’s Langhaus vermittelt ein
schlichter Lanzettbogen. Der Innenraum ist gegen Nord fensterlos; von den an der
Südseite befindlichen Fenstern ist eines rechteckig mit Kehlung, das andere kunstlos
und später eingefügt. Dazwischen ist die Hochwand von einer kleinen Rundbogen-
öffnung durchbrochen zur Aufnahme eines Zwzglchts, im Sinn einer Todtenleuchte
als Symbol des Glaubens an die Unsterblichkeit. Die flache Eindeckung des
Grabstein Langhauses ist neueren Ursprungs. — Im Fussboden bezeichnet eine Grabplatte
mit Baldachin-Draperieen, Todtenkopf, Sanduhr und zopfiger Ornamentation mit
Rococonachklängen, die Ruhestätte des 1776 verstorbenen Pfarrers Christoph Betzius. —
Ein Rundbogen in der von der Spätgothik wieder aufgenommenen, einfach abge-
Chor fasten und theilweise gekehlten Form führt zu dem schmalen Chor, welchen ein
scharf unterschnittener Sockelsims bis zur Hälfte des Raumes umzieht. Im gerad-
linigen Chorschluss lässt ein Spitzbogenfenster von. nachlässiger Technik das nöthige
Tageslicht einfallen. Den vier Chorwinkeln entsteigen die Rippen eines Rauten-
gewölbes ohne Konsolenvermittelung. Die Gliederung des Rippenwerkes beschränkt
sich auf Hohlkehlen und Plattstäbe. Im Mittelpunkt der Wölbung zeigt der Schluss-
stein vier Wappenfelder, deren Tinktur neuesten Datums und, falls sie nicht völlig
Altar willkürlich ist, mindestens schwerem Zweifel unterliegt. -— Die Mensa des Altares
umgibt an den Seitenflächen ein bescheidenes Renaissance-Ornament mit Rahmen-
profil. Der den Altar schmückende Krucifixus in halber Lebensgrösse mit Maria
und Johannes an den Seiten ist plastisches Mittelgut aus dem vorigen Jahrhundert
und neu in Farbe gesetzt. — Das Bauwerk, dessen Inneres jüngst von der Hand
des Weissbinders erneuert wurde, macht in seiner äusseren Erscheinung den Ein-
druck, als sei es lange Zeit Ruine gewesen, über die der Himmel sein Dach spannte.
Der Vorhallentorso des ehemaligen Thurmes, das mangelhafte Auflager der modernen
Bedachung und verschiedene Ausbesserungen am Aussenbau deuten auf längere
Dauer eines solchen Zustandes hin, dem wahrscheinlich erst aus Anlass der Fried-
hofanlage nothdürftige Abhilfe widerfuhr.
ee In der Vorhalle steht eine 36 zu 20 cm messende S/afuelte in Hochrelief
(Fig. 85), welche während der in letzterer Zeit stattgefundenen Erneuerung des
Inneren der Kapelle bei Hebung des alten Bodenbelages zu Tage gekommen sein
sol. Das Denkmal, im Sommer 1886 zuerst von uns beachtet und bis dahin der
kunstarchäologischen Forschung noch völlig fremd, verdient näher an das Licht ge-
zogen zu werden, mag immerhin sein geschädigter Zustand wie auch sein künstlerischer
Werth manches zu wünschen übrig lassen. Das Relief ist römisch und dem
Gegenstande nach unzweifelhaft als eine Minerva zu erklären. Die Auffassung
entspricht in vielem dem herkömmlichen Athenetypus. Das Haupt der Göttin ist
leicht zur Seite gewendet. Die erhobene Rechte trägt die Lanze; die Linke berührt
den am Boden aufgestützten Schild, über welchem Andeutungen des Helmes und
des Attributes der Eule nur noch annähernd kenntlich sind. Die bewegte Figur ruht
auf dem rechten Standbein und ist in ein faltiges Gewand gehüllt, das bis zu den
Füssen niederwallt. Von der Aegis hat die nagende Zeit jede Spur weggetilgt.
Die Komposition lehnt sich augenscheinlich an bessere Vorbilder an, jedoch mit
völliger Vernachlässigung der Proportionsgesetze. Die Technik ist gewöhnlich, um