Full text: Kreis Erbach (A, [2])

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LÜTZEL-WIEBELSBACH 157 
Ein von der Gemeinde gestifteter vergoldeter Abendmahlskelch ist neueren 
Ursprunges. Künstlerisch beachtenswerther ist eine zinnerne Abendmahlskanne, 
deren Wandungen von polygonen Feldern bedeckt sind, worin der Granatapfel, als 
sinnbildliche Frucht der Gnade, jedesmal sich wiederholt und den Mittelpunkt 
der Ornamentfelder einnimmt. Eine darauf befindliche Widmungsinschrift lautet: 
L,:P.<HENNING: PASTOR EVCEELBACENSIS 17.18, 
Auf dem Rathhause befindet sich eine an die alte Gerichtspflege erinnernde 
sogenannte S/rafgerge, ein mit drei runden Oeffnungen versehenes, zum Aus- 
einandernehmen eingerichtetes Brett, in welches der Delinquent an Hals und beiden 
Händen eingespannt und zur öffentlichen Warnung vom Büttel durch die Strassen 
des Dorfes geführt wurde. — Ein ‚Stzegelstempel mit dem Breuberger Wappen und 
der Randschrift: LÜZELBACHER : CENTGERICHTS - SIEGEL-, zwar ohne 
Jahreszahl, aber im Ornamentationssstil des Wappens auf den Schluss des 17. Jahr- 
hunderts deutend, ist Privateigenthum des Herrn Bürgermeisters Horn. 
Auf dem Höhenzuge östlich vom Dorfe liegt in der Linie der römischen 
Mümling-Grenzwehr*) ein grösseres Äasfell von 107 Schritt Länge 84 Schritt 
Breite, welches mit dem südlich davon gelegenen Kastell Hainhaus (Heunhaus) 
bei Vielbrunn durch ein kleineres Kastell von 35 Schritt Länge ı5 Schritt Breite, 
ferner durch mehrere Wachtthürme und Signalstationen verbunden war, die gegen- 
wärtig als kaum mehr denn formlose Trümmerstätten und durchwühlte Schutthügel 
sich darstellen. Die grössere Wehranlage, Kastell Lützelbach, auch Breitenbrunner 
Schlösschen nach dem benachbarten Filialdorfe dieses Namens genannt, ist zwar 
vom Schicksal der Zerstörung ebenso wenig verschont geblieben wie die übrigen 
Römerwehren der Odenwaldlinie, gleichwohl bieten die Ruinen zur Zeit immer 
noch archäologisch werthvollere Anschauungen als jedes andere Mümlingkastell auf 
Hessischem Gebiet, sei es zu Hesselbach und Hainhaus-Würzberg oder zu Eulbach 
und Hainhaus-Vielbrunn. Am Kastell Lützelbach sieht man in der Mitte der 
östlichen Lagerumfassung noch deutlich die freigelegten, theilweise ausgebrochenen 
Fundamente von zwei mit den seitlichen Mauerzügen im Steinverband stehenden 
Halbthürmen, die augenscheinlich das an der Frontseite sich öffnende Thor (Porta 
praetorıa) flankirten. Zwei nahe dabei liegende wuchtige Werkstücke waren ohne 
Zweifel Bestandtheile dieses Thorbaues, denn sie zeigen kräftig eingehauene Rinnen 
und Falzen, die auf das Einfügen von Balkenwerk zur Verrammelung des Zuganges 
schliessen lassen. Auf der Nordseite sind ganze Strecken der in gediegener Hau- 
steintechnik durchgeführten Lagerumfassung frei gelegt, und zahlreiche Werkstücke 
untermischt mit Simssteinen füllen die Vertiefung vor dem Böschungszuge. — 
Unweit davon und ausserhalb des Kastells sind in Folge von Nachgrabungen die 
Ruinen eines Bauwerkes zu Tage getreten mit Ueberresten von Wärmeanlagen und 
eines aus Mörtel und kleinen Ziegelstücken bestehenden Fussbodens, sogen. Kalk- 
gussestrichs; weiterhin will man die Stelle eines verschütteten Brunnens erkennen. 
Solche Gebäude, die bei keiner grösseren römischen Kastralanlage fehlen, hatten 
nach neuerer Auffassung die Bestimmung, den Offizieren der Besatzung als Gesell- 
schaftshäuser (mansıones) zu dienen, im Gegensatz zu der älteren Annahme, die 
*) Näheres über Ausdehnung und Beschaffenheit dieser Grenzwehr s. o, S. 129 u. ft. 
Kirchengefässe 
Strafgeige und 
Centgerichts- 
Siegelstempel 
Römerkastell 
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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