Full text: Kreis Erbach (A, [2])

   
  
  
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Skulptur 
Wolfenmühle 
KREIS ERBACH 
aber weder stilistisch noch chronologisch stimmen sie zusammen. Die grössere 
Inschrift scheint auf den ersten Blick der Römerära anzugehören, die Wappenschilde 
hingegen deuten auf die vorgerücktere Renaissance und machen den Eindruck, als 
sei ihre Felderzier vom Steinfrass weggetilgt. Nur ein sechsstrahliger Stern ist auf 
dem einen Felde schwach erkennbar. Was Wunder, wenn der Stein, bei solchen 
Widersprüchen im Gegenständlichen, die verschiedensten Deutungen sich gefallen 
lassen musste? Die Leisteninschrift IVWPERV spottet jeder begründeten Deutung. 
Die Lesung Johann Wilhelm P.... Erbachscher Rentei Verwalter ist ein 
kaum ernst zu nehmender epigraphischer Versuch. Die Stelle unter dem Wappen- 
paar ähnelt römischen Votivinschriften, leidet jedoch an der erdenklichsten Incorrectheit 
und hat in gereinigter Fassung zu folgender Lesung Anlass gegeben: LIBERTATI 
MVNICIIPALI LARI DOMESTICO SEDATVS FELICITER SOLVIT. — Was 
ist von der seltsamen Steinplatte zu halten? Sehr wahrscheinlich ist sie die 
Erfindung eines Witzboldes, welcher dem Uebereifer dilettantischer Alterthumsfanatiker, 
an denen es zu keiner Zeit fehlt, eine archäologisch-humoristische Falle zu stellen 
beabsichtigte, wie schon J. F. Knapp (vergl. Archiv V, 5) angedeutet hat. Aus- 
geschlossen bleibt unseres Erachtens aber auch nicht die Möglichkeit einer wohl- 
berechneten Interpolation durch einen höfischen Schmeichler, der durch die 
Zusammenstellung des sechsstrahligen Erbacher Wappensternes auf verwittertem 
Felde mit einer nach Römerweise behandelten Votivinschrift eine plumpe Handhabe 
für genealogische Hirngespinnste zu gewinnen strebte, wie solche besonders im 
vorigen Jahrhundert, bei der Sucht die Stammbäume vornehmer Geschlechter bis 
in’s klassische Alterthum, ja bis in die trojanische Heroenzeit zurückzuführen, nicht 
zu den Seltenheiten gehörten, mochten die Täuschungsversuche heraldisch wie 
epigraphisch noch so anfechtbar und widersinnig sein. 
In geringer Entfernung von dem vorerwähnten Fusspfade befindet sich an 
der südlichen Abdachung des Breuberg auf freiem Felde eine Böschungsmauer, 
in welche ein Bildwerk aus buntem Sandstein eingelassen ist, bestehend aus einer 
50 cm grossen, in einer Nische gelagerten nackten Figur. Kopf, Arme und Beine 
sind verstümmelt; indess ist noch soviel zu erkennen, dass das Figürliche nicht 
auf gleicher Stufe steht wie das Ornamentale der fächerförmigen Ausgestaltung, 
die von achtbarer Meisseltüchtigkeit ist. Der Stil deutet auf die Renaissance vom 
Schluss des 16. Jahrhunderts. Der Stein scheint als Brunnenverzierung gedient 
zu haben; die Figur wenigstens macht den Eindruck einer Wassergottheit. 
Oestlich von Neustadt liegt an der Mümling die Wolfenmähle, früher Eigen- 
thum der Grafen von Erbach, jetzt im Privatbesitz der Familie Wolf, woher der 
Name. Den Pfeilerlächen des Haupteinganges entlang läuft eine aus Reliefringen 
bestehende Ornamentation und über den Pfeilerkämpfern wölbt sich ein wuchtiger 
Rundbogen aus Bossenquadern. Den Schlussstein bildet ein Ammonshaupt, zwischen 
dessen Widderhörnern arabeskenartig stilisirtes Haar hervorquillt. Dem beringten 
Munde entwinden sich nach den Seiten hin Blätterornamente, welche mit Relief- 
ringen in Verbindung gebracht sind, aus denen bewegte Draperieen sich entwickeln. 
Am Sims über dem Bogen steht die Jahrzahl 1624. Noch höher prangt das Er- 
bachische Wappen mit einer Inschrift, welche den Grafen Johann Kasimir (1584— 1627) 
  
  
    
    
    
   
    
   
    
   
     
   
  
  
  
     
   
  
  
  
  
  
  
     
   
  
  
  
  
  
  
	        
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