Full text: Kreis Erbach (A, [2])

  
SANDBACH 
Jahrzahl 1559, die Formensprache der im Ganzen befriedigenden Leistung, worin 
durchweg der Charakter der deutschen Frührenaissance waltet. Der Stein wurde 
nach der Niederlegung des alten Gotteshauses glücklich in den Neubau herüberge- 
rettet. In der Mitte des Denkmales steht der Verstorbene lebensgross und in be- 
wegter freier Haltung auf einem Löwen, dem Sinnbild der Tapferkeit. (Fig. 122.) 
Die Skulptur hebt sich in starkem Hochrelief vom Hintergrunde ab; Haupt, Arme, 
Beine sind sogar in ganzer Rundung aus dem Stein herausgearbeitet. Die ritterliche 
Gestalt trägt eine Prachtrüstung; der rechte Arm, mit ungeschickt erneuerter Hand, 
ist erhoben, die Linke ruht auf dem Schwertgriff. Komposition und Ausdrucksweise 
wehren jeden Gedanken an einen besonders hervorragenden Meister ab. In der 
Bildung des im Profil stehenden Hauptes webt allerdings ein glücklicher porträthafter 
Zug; allein es ist doch noch ein weiter Weg bis zu vollendeter Individualisirung. 
Seine Stärke zeigt hingegen der Künstler als Ornamentist, insofern er die Verzierungen 
der Renaissance-Rüstung in ihren sämmtlichen Einzelheiten mit einer Sorgfalt behandelt 
hat, die im Grossen wie im Kleinen, auch an Helm, Ihrenkette und Dolch, sich gar 
nicht genug thun konnte. An den Seiten der Figur streben kapitälgeschmückte Pilaster 
empor, mit Ahnenproben von je vier Wappen der Geschlechter Wertheim, Eberstein, 
Eisenburck, Königstein, Limpurg, Werdenberg, Oettingen und Markbaden. An einem 
dieser Pilasterwappen steht die vorerwähnte Jahrzahl 1559 und ihr gegenüber an einem 
anderen Wappen das Monogramm . Oben wird das Denkmal durch eine 
Attika abgeschlossen ; in ihrer fächer- |a förmigen Bekrönung erscheinen die 
Wappen von Wertheim und Breuberg und darunter im Fries die Inschrift: 
EPITAPHIV. NOBILIS.ET.GENEROSI.COMITIS.D.MICHAELIS. 
CONITIS. WERTHEMESIS.ET.DNI.IN.BREVBVRG. 
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der im Dom zu Würz- 
burg befindliche Denkstein des 1554 verstorbenen Grafen Bernhard von Solms 
sowohl in der ritterlichen Figur wie im architektonischen Aufbau vielfach mit dem 
Monument zu Sandbach übereinstimmt, so dass der Gedanke an die gleiche Werk- 
statt nahe liegt. Ob letztere zu Würzburg bestanden, ist bei dem damaligen regen 
Kunstbetrieb in der Hauptstadt des Frankenlandes wahrscheinlich, ganz abgesehen 
von dem Umstand, dass die verschlungenen Monogramm-Initialen PD auf dem 
Sandbacher Denkmal unseres Erachtens für den zeitgenössischen Würzburger Bild- 
hauer Peter Dill zu beanspruchen sind. Dieser Künstler war urkundlich einer der 
letzten Vertreter der Schule des nach vieljähriger Wirksamkeit 1532 zu Würzburg 
gestorbenen berühmten Plastikers Tylmann Riemenschneider, dessen spätere Arbeiten 
als Renaissance-Schöpfungen nach gothischen Gesetzen zu bezeichnen sind, während 
sein Schüler Peter Dill der neuen Stilrichtung schon sehr bald ausschliesslich zu- 
strebte. Tylmann Riemenschneider tritt wiederholt in eigener Unterschrift mit dem 
abgekürzten Namen Meister Dill auf. Ob Peter Dill ein Sohn Riemenschneiders 
oder sonst mit dem Lehrer verwandt war, wissen wir nicht. Bis jetzt ist uns nur 
der Bildhauer Jörg Riemenschneider als Sohn Tylmann Riemenschneiders quellen- 
mässig bekannt geworden. — Von mehreren, dem Denkmal Michaels III ähnlichen 
Grabmonumenten des Hauses Wertheim-Breuberg, welche in der alten Sandbacher 
Kirche den Fussboden und die Sockelwand bedeckten, ist nur noch ein einziger, 
    
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
     
  
  
  
  
   
    
  
   
   
  
   
   
     
   
    
  
  
  
  
  
 
	        
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