BURESIERERENEERREBRGLLE SEE
STEINBACH U. EINHARD-BASILIKA
stimmung hat keine Allgemeingiltigkeit und ist nur anwendbar auf einzelne Umge-
staltungen und Zuthaten. Den Gesammtbau als romanisch zu bezeichnen, war ein
stilistischer Missgriff, der um so dringender der Abhilfe bedurfte, je länger er sich
in der kunstwissenschaftlichen Literatur behauptet hat. Die Steinbacher Kirchen-
ruine ist in ihren wesentlichsten Bestandtheilen so wenig romanisch, als sie nach
einigen noch späteren Veränderungen, wie beispielsweise der Spitzbogenthüre an
der nördlichen Chorseite, der Gothik, oder nach den Fenstern im westlichsten Theile
des Mittelschiffes und im Obergeschoss des Winterchores, wo wir Formmotiven der
neueren Kunstweise begegnen, der Renaissance zugeschrieben werden kann.
Auf was es bei der Stilbestimmung eines Architekturwerkes ankommt, das ist
der Baukern. Und der Kern der Steinbacher Ruine — bis zur Vornahme unserer
Untersuchungen nicht gewürdigt, von Niemand, weder von einem Bautechniker noch
von einem Archäologen oder Kunsthistoriker auf seine charakteristische Struktur
und eigenthümlichen Bildungsverhältnisse wissenschaftlich geprüft — dzeser Baukern
1St karolingisch. -—— Aus einem zweifachen Grunde mag die frühere, unrichtige
Stilbestimmung und damit in Verbindung die irrthümliche Meinung von der Zeit-
stellung des Gebäudes zu erklären sein: einmal aus dem Umstande, dass die ro-
manischen Veränderungen und Erweiterungen, insbesondere jenes Portal, durch die
schmuckreichen plastisch-architektonischen Einzelformen zumeist das Auge gefangen
nahmen und vom Baukern ablenkten; dann, weil bis vor nicht langer Zeit die
Aufmerksamkeit der Freunde monumentaler christlicher Kunst diesseits der Alpen
vorzugsweise den romanischen Denkmälern aus der ersten und den gothischen aus
der zweiten Hälfte des Mittelalters mit Vorliebe nachgegangen ist, die vorromanische
Kunst dagegen, zumal der Kunstkreis der karolingischen Zeit, minder berücksichtigt
worden und ein lange nicht erschöpfter Gegenstand und wenig beschriebenes Blatt
geblieben war. Ungerechtfertigt wäre es übrigens, aus der Vorliebe der Forschung
früherer Jahrzehnte für die eigentlich mittelaltrigen Baudenkmäler auf ein bewusstes
ablehnendes Verhalten gegenüber der Kunst älterer Epochen, im vorliegenden Fall
der Karolingerära, einen Schluss zu ziehen. Vielmehr erklärt ein doppelter Grund
hinreichend das anscheinend Auffallende der Thatsache. Einmal sind karolingische
Bauwerke, im Vergleich zur grossen Anzahl romanischer und gothischer Architekturen,
überaus selten, und, was wir bis jetzt von ihnen als kunsthistorischen Thatbestand
kennen, findet sich, mit Ausnahme des Centralbaues des Münsters zu Aachen,
minder in volkreichen Städten als vielmehr an kleineren und abgelegeneren Orten.
Ferner sind die karolingischen Baudenkmäler fast ohne Ausnahme —- die Einhard-
basilika zu Steinbach ist dafür ein deutlicher Beweis — nach den zahlreichen
Umänderungen und Verstümmelungen, die sie im Laufe der folgenden Jahrhunderte
erfuhren, in einen Zustand gerathen, dass sie nicht nur vor dem Blicke des Laien,
sondern auch manches Bautechnikers und Archäologen räthselhaft dastehen und
oft nach Erscheinungsformen beurtheilt werden, die nicht die ursprünglichen sind.
In der That, um primitive Mauern, Pfeiler, Archivolten und deren Gliederungen
nebst anderen technischen und künstlerischen Faktoren an Werken der Architektur
vorromanischer christlicher Kunst von später hinzugefügten Mauertheilen und Einzel-
formen mit Sicherheit zu unterscheiden und von sonstigen jüngeren Umgestaltungen
Baukern