Full text: Kreis Erbach (A, [2])

  
  
  
  
  
  
  
  
Langhaus und 
Chor 
Plastische 
Arbeiten, litur- 
gische Geräthe 
und Gefässe’ 
Glocken 
Friedhof 
Pfarrhaus 
Denkstein und 
Grenzstein 
268 KREIS ERBACH 
Die Thurmhalle vermittelt den Zugang zum rechteckigen Langhaus, an welches 
ein dreiseitig geschlossener C/horraum sich anlehnt. Diese beiden Bautheile bieten 
weder durch die dürftiigen Formen ihrer ungegliederten Fenster noch durch ihre 
schmucklose flache Eindeckung genügenden Anlass zu kunstwissenschaftlicher Be- 
achtung. Möge als Signatur des Zeitverhältnisses die Bemerkung dienen, dass die 
Wetterfahne auf der Chorbedachung die Jahrzahl 1730 trägt. 
Die Ausstattung der gottesdienstlichen Räume, welche gleichfalls dem vorigen 
Jahrhundert angehört, ist ebenso anspruchslos wie diese selbst. Der Krucifixus am 
Altar erhebt sich nicht über die Linie plastischen Mittelgutes. Die Kanzel hat als 
Podium eine Spiralsäule; kleinere gewundene Säulen umgeben die polygone Brüstung. 
Der Schalldeckel. zeigt stark ausladende Simsverkröpfungen, woran der Barockstil 
besonderen Gefallen fand. Eine ursprünglich an der Kanzel angebrachte Sanduhr, 
aus vier Stundengläsern bestehend, ist mit den Initialen I[.G.I. und der Jahr- 
zahl 1747 bezeichnet. — Die Altardecke trägt auf grünem Grunde den in weissen 
Lettern ausgeführten Namen Jehova und die Stifter-Majuskeln I.M.N mit der 
Jahrzahl 1769. — Ein silbervergoldeter Kelch, mit glatter Kuppa und bis zum 
Nodus gewundenen Fuss, nennt I. M. Neidhard als Donator und Pfarrer zu Viel- 
brunn von 1757— 1787. Eine Abendmahlskanne und eine Taufkanne sind aus 
Zinn; die erstere ist auf sämmtlichen Theilen der Wandung von Spiralkehlungen 
umzogen; die letztere zeigt auf der Vorderseite einen Seraph in Relief und als 
Widmungszeichen die Buchstaben X MP mit der Jahrzahl 1717. 
Von den drei Glocken sind die beiden kleineren neu; die grosse, sogen. 
Zwölfuhr-Glocke trägt die Giesserschrift: 
JOHANN GEORG SCHNEIDAWIND IN FRANKFURT ANNO 1760 GOSS MICH. 
Ehedem war der die Kirche umgebende Zrzedhof mit einem Mauerzug und 
einer T'horfahrt versehen, die 1875 niedergelegt worden sind. Zu beiden Seiten 
des Einganges war das Mauerwerk von Schiessscharten durchbrochen, welche im 
Zusammenhang mit den obenerwähnten Schiessscharten am gothischen Kirchthurm 
den ursprünglich wehrhaften Charakter des Friedhofes wahrscheinlich machen. 
Als ältestes Wohngebäude der Gemeinde gibt sich das Pfarrhaus durch 
die auf einem Riegel im Balkenwerk angebrachte Jahrzahl 1570 zu erkennen. 
In Folge moderner Veränderungen und Hinzufügung eines Anbaues hat das Gebäude 
sein alterthümliches Gepräge fast gänzlich eingebüsst. Die Hochwände bestehen im 
Obergeschoss aus Fachwerk, im Erdgeschoss aus gediegenem Steinbau. 
Am Wege gen Kimbach, im Waldbezirk Oberhaspel, steht ein mit drei 
Reliefkreuzen bezeichneter Denkstein, urkundlich Bobencrutse d. i. Bubenkreuz 
genannt, zur Erinnerung an den jähen Tod eines jungen Hirten. Der bemooste 
inschriftlose Block hat das Aussehen hohen Alters; es ist jedoch nicht der ge- 
ringste stilistische Anhalt vorhanden zur Bestimmung seiner Zeitstellung. — Ein 
Grenzstein, östlich von Vielbrunn, zeigt drei Wappen: Kurmainz in der Mitte, 
Wertheim links, Eppstein rechts, und stammt jedenfalls aus dem 14. Jahrhundert, 
als die Herren von Eppstein im Besitz von Breuberg waren.
	        
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