Full text: Kreis Erbach (A, [2])

  
  
  
  
  
  
Epitaph und 
Grabsteine 
KREIS ERBACH 
    
Lichtöffnungen getreten sind. Den Eingang zum C’%hor bildet ein derber Rundbogen 
mit Kämpfern von schlichter, aber unverkennbar spätromanischer Gliederung. Am 
südlichen Bogenpfeiler ist das Facsimile eines römischen Votivaltars des Centurio 
Lucius Favonius Seccianus eingelassen, dessen Original in das Museum zu Mann- 
heim gekommen ist. Die Nachbildung zeigt die Inschrift: 
FORTVNAE 
E. FAVONVS 
SECCIANVS 
>. LEG. VIILNG.*) 
mit einer Bekrönung von fünfstrahligen Rosetten, die an den Seiten der Ara voluten- 
artig verlaufen. —— Im vierseitigen Chorraum treten aus den Ecken konsolenlose 
Ansätze von Gewölberippen hervor, die auf eine Veränderung der ehemaligen 
romanischen Eindeckung durch die Spätgothik schliessen lassen. Der gothischen 
Blüthezeit gehört der mit stilreinem Passwerk und aufstrebenden Lilien meisselfertig 
ornamentirte Fuss eines Zaw/sternes an, welcher jetzt als Podium einer modernen 
Holzkanzel dient. — Vom älteren Thurmbau ist nur noch das an den Ecken mit 
kräftigem Quaderwerk gesäumte Untergeschoss erhalten; das schieferbedeckte, als 
Glockenhaus dienende neuere Obergeschoss schliesst mit stumpfem Helm ab. 
Am unteren Theil der Nordwand des Kirchthurmes ist in das Mauerwerk eine 
Gedenktafel mit karniesförmiger Leistenumrahmung eingelassen, deren Inschrift 
besagt, dass Martin Walter von Bullau, Pastor zu Reichenbach, dieses Epitaph 
seinen Eltern und anderen Angehörigen seiner Familie widmete, die der Pest zum 
Opfer gefallen waren. Bei dem Interesse, welches die vom Steinfrass stark be- 
schädigte und mehrfach unleserlich gewordene Inschrift in ihrem gegenwärtigen Zu- 
stand als eine crux Pphulologorum den Freunden der Epigraphik einflösst, möge 
der Text in ausführlicher Fassung, nach einer um 1770 gemachten Aufzeichnung, 
hier folgen: 
»Theobaldo Vualthero Wattenbacensi, pagi quondam hujus incolae, patri suo colendo, Ao. 
Domini 1571. defuncto, & elizabethae Listin, Bullaviensi, matri suae percharae, nec non Georgio 
Schlemio, itidem, Wattenbacensi, Vtrico suo: cui mater ao. 1572. nupserat, ut & fratribus & 
sororibus suis uterinis Catharinae 1557. Ursulae 1559. Johanni IIdo 1571. natis, sed his iterum, 
quibusdam quidem prius vita functis, nonnullis autem cum matre, vitricoque annis intra 1573. & 
1574. peste per hasce tunc oras ÖOttosylvaniae passim grassante, simul extinctis, prope sacelli 
hujus sinistrum angulum consepultis, hoc urnueiov filius & frater unicus superstes M. Martinus 
Walterus 1567 mense Novembri natus, Michelstadii, Erbaci, Argentinaeque educatus ac literis bonis 
et sacris imbutus ‚Reichenbachianae jam per annos 33 ecclesiae pastor, suos amore prosequens 
P. Anno per Ch:istum recuperatae salutis 163 Animae justorum in manu Dei sunt, non tangit 
illos tormentum mortis, Sap 3.« **) 
Unter den aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammenden Grab- 
platten, welche ehedem die Grufträume in der Kirche bedeckten und jetzt auf dem 
nahen Friedhof zu einer Gruppe vereinigt sind, möge die Erwähnung des in ge- 
drängter Reliefornamentation ausgeführten Denkmals des »Hochgräflich Erbach- 
2) 2 ‚ Abkürzung für »centurio«. 
*%) Vergl. Luck S. 127 und 128. 
    
  
   
     
      
   
   
   
   
    
     
  
   
    
   
  
  
  
  
   
    
     
   
   
   
   
      
   
  
	        
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