ERBACH
w
>
Der Sarkophag ist ein Monolith aus buntem Sandstein. Die vordere Lang-
seite und die beiden Schmalseiten sind von Spitzbogenfriesen eingefasst;-an der
rückwärtigen Langseite vertritt Blätterschmuck die architektonische Zier. Den Rand
des Sargdeckels umziehen Laubornamente in Relief, die aus grösseren und kleineren
Epheuranken bestehen. Sämmtliche Vegetativ- Verzierungen wie auch die Motive
der Friesbildung deuten auf die Formensprache der Gothik am Ende des 13. Jahr-
hunderts. Der Sarg kann sonach nicht die ursprüngliche Einhard-Tumba aus der
karolingischen Zeit sein. Abgesehen von stilistischen Gründen, welche eine solche
Möglichkeit ausschliessen, ist aber auch der Umstand von Belang, dass die bescheidenen
Abmessungen des Sarkophag-Inneren für die Aufnahme dreier Leichname nicht den
erforderlichen Raum darbieten. Es scheint hiernach schon in der Aera der Früh-
gothik eine Erhebung der Gebeine stattgefunden zu haben und damit in Verbindung
ihre Uebertragung und Ansammlung in dem damals angefertigten gothischen Stein-
sarg, dessen eingeschränkte Massverhältnisse diesem Zweck vollkommen entsprechen.
Ueber dem Einhard-Sarkophag ist ein, die obenerwähnte Widmungsinschrift
zur Zeit verhüllender Altarschrein mit beachtenswerthen Figuren von halber Lebens-
grösse angebracht, die sich auf drei Nischen vertheilen. Nach allen Anzeichen des
Stiles gehört der Altar dem Schluss des ı5. Jahrhunderts an. In der Behandlung
walten Züge, welche auf die oberdeutsche holzplastische Schulrichtung hinweisen.
In der Mittelnische erscheint nahezu als Rundfigur und auf der Mondsichel stehend
die Madonna mit dem göttlichen Kinde auf dem Arme. Die Gruppe ist von einer
Strahlenglorie mit gemustertem Hintergrund umgeben. Das ungewandete Christ-
kind hält freudig bewegt einen Apfel in der emporgehobenen rechten Hand, während
die Linke, einem in der mittelaltrigen Kunst beliebten Darstellungsmotiv entsprechend,
nach der Fussspitze greift. Vom Haupt der Madonna, zu welchem die jetzt auf
dem Kranzgesims des Schreines stehende jüngere Metallkrone gehört, fliesst das
Haar in langen Locken herab, eine Bewegung, die in den niederwallenden Falten
des goldenen Gewandes ihre Fortsetzung findet. An den Flügeln des Altares treten
die edel gewandeten Hochrelief-Figuren der h. Barbara und der h. Katharina auf,
mit Kelch und Hostie, Rad und Schwert, als Attributen der Frömmigkeit und des
Martyriums. Die Diademe auf den Häuptern deuten, als Kronen des ewigen
Lebens, ebenfalls das Martyrium an, mit gleichzeitigem Hinweis auf die vornehme
Abkunft der beiden h. Jungfrauen. Die Figuren heben sich von trefflich gemusterten
Linearhintergründen ab und sind umrahmt von lebendigem naturalistischem Astwerk
und Blätterornament. In ähnlicher Weise ist der Untersatz, die sogen. Predella,
an den Seiten verziert, während die langgestreckte Vorderfläche mit Reliefbrust-
bildern des als Welterlöser dargestellten Heilandes und der zwölf Apostel mit ihren
Attributen geschmückt ist. Die Aussenseiten der Altarflügel zeigen in malerischer
Wiedergabe Christus mit den Wundmalen, in der Auffassung als Schmerzensmann,
und Maria als schwergebeugte Mutter, das Schwert im Herzen. Die Realistik der
blutenden Wunden ist bei der Erlösergestalt, dem Geschmack der Zeit am Lebens-
wirklichen entsprechend, mit Herbigkeit betont, während die Madonna im Ausdruck
der Wehmuth edlere Züge aufweist. Im Ganzen stehen übrigens die beiden Ge-
mälde bei weitem nicht auf der künstlerischen Höhe der plastischen Altarfiguren.
Altarschrein