Inneres
Wölbung
Altar,
Krucifixus
70 EHEMALIGER KREIS WIMPFEN
Ermangelung quellenmässiger Nachweise schwer zu sagen ist, ob er in stilistischer
Uebereinstimmung mit dem umgebauten romanischen Gotteshause und dessen noch
vorhandenen Thürmen gestanden, oder gleichaltrig mit dem jetzigen Chore gewesen
ist. Dem Augenschein nach dürfte Letzteres das Richtigere sein, insofern die den
Chor mit der Sakristei verbindende Spitzbogenpforte die Formen reinster Gothik
aufweist, fern von vorgothischen oder spätgothischen Anklängen.
Aus der Plananlage ergibt sich, dass der Bautheil auch die Bestimmung einer
dem Gottesdienst gewidmeten Kapelle hatte. An der Ostseite ist diese Bestimmung
— abgesehen von der im Innenbau erhaltenen Altarmensa — durch einen fünfseitig
aus dem Achtort konstruirten Chor nachdrücklich betont. An der Südseite stützen
das Gebäude drei Strebepfeiler, die aus zwei sich verjüngenden Absätzen bestehen.
Die Wasserschläge am Sockel und an den oberen Pfeilerstellen sind geschmiegt,
während diejenigen der mittleren Partieen als geradlinige Schrägen abfallen. Die
Fensterarchitektur setzt auf steilen Sohlbänken an und zeigt unterschiedene Bildungen.
Das ächt spätgothisch im Rundbogen schliessende mittlere Chorfenster enthält über
einem gekehlten Pfosten zwei halbe Dreipässe und eine der Bogenlinie sich anschmie-
gende Durchbrechung als Maasswerk, während die übrigen, von tief gekehlten Ge-
wänden umzogenen Lichtöffnungen rechteckige Gestalt haben, eine Fensterform, die
der gothischen Profanarchitektur eigen ist, aber auch an Nebengebäuden der Sakral-
gothik und insbesondere an y 7 2 ß Sakristeien vorkommt. Da übrigens an einem
dieser Fenster die Jahrzahl | \ 3 eingehauen ist, so können im vorliegenden
“all die Rechteckabschlüsse auch von einer Bauveränderung herrühren. Das Kranz-
gesims ist stark unterschnitten, im Uebrigen jedoch von schlichter Gliederung. Die
Bedachung erhebt sich unverhältnissmässig hoch und jäh ansteigend.
Das Innere der Sakristei ist von einem’ Rautengewölbe überspannt,
dessen Rippenwerk theils frei den Wänden entsteigt, theils aus Dreiviertelsäulen auf
Polygonkonsolen sich entwickelt. An dem Konsolenpaar in der Ostung sind zwei
30 cm hohe Seraphim in Hochrelief ausgemeisselt, deren Schwingen ihre volle
Gestalt umrahmen. Der eine der Engel schlägt die Harfe, der andere die Man-
doline; an der Harfenkonsole hängt ein leerer Wappenschild. Auch die Schluss-
steine der Wölbung sind mit plastischem Schmuck bekleidet und zwar mit folgenden
Reliefbildern: Die heilige Jungfrau mit dem Jesuskinde als Patronin der freien
Reichsstadt; das Wimpfener Adlerwappen; ein Wappenschild mit aufrecht stehendem
Bär im Felde; das Symbol des Drudenfusses; ein Spruchband,
worauf folgende Marke nebst Jahreszahl 1468 in der Schreibung IQ 6 &
und schliesslich eine Rosette im Rautengewölbe neben dem Unter- 7
geschoss des Thurmes, dessen Stilverhältniss hier ein romanisches AN i
Fenster klar kennzeichnet. EN E
Auf der Steinplatte der Altarmensa bezeugen vier eingehauene, gleich-
armige kleine Kreuze die vollzogene kirchliche Weihe und eine Vertiefung lässt die
Stelle erkennen, wo die Heiligen-Reliquien niedergelegt waren, die nach katholischem
Ritus, als Erinnerung an die Feier des Messopfers der ersten Christen in den Kata-
komben, in keinem Altar fehlen dürfen. — Die Holzskulptur des lebensgrossen
Krucifixus über der Mensa entbehrt jeglichen höheren Formgefühls und die