Full text: Ehemaliger Kreis Wimpfen (A, [3])

   
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hypernaturalistische Auffassung der Todesstarre mit offenem Mund und stieren Augen 
wirkt entschieden abstossend. Nichtsdestoweniger ist die Figur von kunsthistorischem 
Interesse; denn sie charakterisirt den Volksgeschmack des 15. Jahrhunderts, welcher 
in dergleichen Passionsdarstellungen ebenso sich gefiel, wie heutzutage die sogen. 
impressionistische Richtung auf das Hässliche in der Profankunst sich geltend macht 
und Anhänger findet. Die Annahme, der Krucifixus habe ehedem als Triumphkreuz 
am Eingang des Kirchenchores gedient, ist nicht unbedingt abzuweisen. 
An zwei Stellen der Hochwand sind Nischen eingelassen, die vormals zur Ber- 
gung des Kirchenschatzes dienten und jetzt leer stehen. Von mittelaltrigen Edel- 
metallarbeiten ist nur noch ein silbervergoldeter Messkelch (Fig. 33) übrig, Gothischer Kelch 
welcher in einem gothischen mit stilisirtem Eisenbeschläg verzierten Holzschrank auf- 
bewahrt wird und durch seine Formgebung wie ornamentale Ausstattung als eine 
vortreflliche Arbeit vom Schluss des 13. spätestens vom Beginn des 14. Jahrhunderts 
sich zu erkennen gibt. Der Kelch ist 17 cm hoch; 
Fuss und Schaale haben je 12 cm im Durchmesser. 
Auf der kreisrunden glatten Fussfläche mit sechs- 
theiliger Umrandung sind fünf Silbermedaillons be- 
  
festigt, an denen Ueberreste von durchscheinendem, 
sogen. translucidem Email in Grün und Braun sich 
erhalten haben. Von den damit ausgestatteten Figu- 
rengruppen, die auf beistehender Abbildung leider 
nur schwach zur Geltung kommen, sind sämmtliche 
gravirten Umrisse vorhanden, deren Linearver- 
tiefungen zur Aufnahme des Farbenschmelzes be- 
stimmt waren nach der Technik des Grubenemails, 
sogen. dmail champleve. Die Darstellungen sind: 
1) die Verkündigung; der Erzengel Gabriel schwebt 
  
vor der heiligen Jungfrau; beide Figuren tragen 
langwallende Gewänder; der Himmelsbote hält ein Eigs 49. » Wimbfen 0, B. 
bewegtes Spruchband worauf der Gruss: AP Evangelische Pfarrkirche. 
MAUTA. 2) Christus am Marterpfahl mit Geis- Gothischer Kelch. 
sel und Ruthe zur Seite. 3) Die Kreuzigung; ein flammender Nimbus umgibt das 
Haupt des Erlösers und faltenreiches Linnen umgürtet seine Lenden; seitwärts 
kniet der Stifter mit gefalteten Händen; abermals sind Geissel und Ruthe als 
Passionssymbole hinzugefügt und über dem Gekreuzigten stehen die Initialen 
IR. a. FI als Abbreviatur der Pilatus-Inschrift Jesus Nazsarenus Rex Ju- 
daeorum, Jesus von Nazareth, König der Juden. 4) Die Auferstehung; Christus 
erscheint vor einem offenen, an den Seiten nischenartig gegliederten Sarkophag;; 
die Rechte ist mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger segnend erhoben; die 
Linke hält die dreispaltige Siegesfahne, deren Spitze ein Kreuz schmückt. An 
diesem Medaillon ist das Email — grünes Gewand, braune Nischen — verhält- 
nissmässig gut erhalten. 5) Maria ruht auf einem spitzbogig ornamentirten Siedel; 
das göttliche Kind auf ihrem Schooss wendet sich mit ausgestrecktem Händchen 
einem Vogel zu, der auf dem Rande des Siedels sich niedergelassen hat; der Hinter- 
   
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
   
  
   
   
  
  
  
  
   
  
  
   
  
   
   
   
   
   
   
   
    
    
   
  
  
    
        
    
   
    
 
	        
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